Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

— 118 — 
hören: und endlich liegt mir an der Unsterblichkeit wenig, wenn ich nur genützet 
habe. — Der König: Weiß Er keine von seinen Fabeln auswendig? — Ich: 
Nein. — Der König: Besinne Er sich. Ich will etlichemale im Zimmer auf= und 
abgehen. — Ich: Nunmehr kann ich Ihrer Majestät eine sagen. — (Ich sagte ihm 
die Fabel vom Maler in Athen. Als ich bis auf die Moral war, sagte er: Nun 
die Moral? Ich sagte die Moral.) Der König: Das ist gut; das ist sehr gut! 
Ich muß Ihn loben. Das habe ich nicht gedacht; nein, das ist sehr schön, natürlich, 
gut und kurz. Wo hat Er so schreiben lernen? Es klingt fein; sonst hasse ich die 
deutsche Sprache. — Ich: Das ist ein Unglück für uns, wenn Sie die deutschen 
Schriften hassen. — Der König: Nein, Ihn lobe ich. — Ich: Das Lob eines 
Kenners und Königs ist eine große Belohnung. — Der König: Der König wird 
nicht viel dazu beitragen. — Ich: Ja, wenn der König ein Kenner ist, so wird 
das Lob vollwichtig. — Der König: Wenn ich hier bleibe, so besuche Er mich 
wieder, und stecke Er Seine Fabeln zu sich, und lese Er mir welche vor. — 
Dieses, gnädiges Fräulein, ist der kurze Auszug eines Gesprächs, das beinahe 
zwei Stunden gedauert hat. So lange ich auf meiner Stube war, zitterte ich. 
Sobald ich auf die Gasse kam, fassete ich mich und ward beherzt. Und eben weil 
ich unbesorgt war, Beifall zu erlangen, habe ich ihn erhalten. Gott sei Dank, daß 
ich's überstanden habe! Läßt er mich wieder rufen, so bin ich vor nichts bange 
als vor der Religion. Aber Gott wird mir Mut und Klugheit geben, wenn es 
die Pflicht befiehlt, die Ehre der christlichen Religion auch gegen alle Könige zu 
bekennen, und, wo ich kann, zu retten. Er mag wohl schon wissen, daß ich geist- 
liche Lieder gemacht habe, und das ist mir sehr lieb. Wenn er spotten will, so 
werde ich ihm sagen: Sire, diese Lieder werden bei Ihren Armeen gesungen und 
gebetet, und die christlichen Gedichte machen gute Bürger und treue Soldaten. 
Wenn er mich fragt, ob ich seine medizinischen Regeln in acht genommen hätte, so 
werde ich ihm antworten, daß mich seine Mittel nicht gesund machen würden, so 
lange ich vier Lazarette um und neben mir hätte. Beten Sic, daß er ein Christ wird. 
Eine Nachricht muß ich Ihnen noch melden, die mich ungemein erfreut hat. 
Meine Schwester in Hainichen hat mir folgendes geschrieben: Unser Städtchen ist 
mit ganz leichter Einquartierung belegt worden, und der General Hülsen hat dem 
Rate sagen lassen, dieses geschähe aus Wohlwollen gegen den Herrn Professor 
Gellert und seine Schriften. Ich bin usw. 
Gellert. 
68. 
„Endlich ist der Friede wirklich da.“ 
15. Februar 1763. 
Quelle: Bestimmungen des Friedensschlusses von Hubertusburg 
(Französisch). 
Übersetzung aus dem Abdruck des französischen Textes bei 1 W. Ghilland, Diplomatisches Handbuch. 
Nördlingen 1855—68. -d. S. 
Da Ihre Apostolische Majestät die gafferin und Königin von Ungarn und 
Böhmen und S. M. der König von Preußen von gleichem Wunsche beseelt sind, 
dem Unglück des Krieges ein Ende zu machen, der zu ihrem großen Leid seit 
mehreren Jahren anhält und zu diesem Ende, durch eine rasche und aufrichtige 
Versöhnung ihren beiderseitigen Untertanen und Staaten, wie denen ihrer Freunde 
und Verbündeten, die Ruhe und Sicherheit wieder zurückgeben wollen, haben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.