Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Artikel 3. Der Ursprung jeder unumschränkten Herrschaft ruht wesentlich in 
der Nation. — Keine Körperschaft, kein Individuum kann eine Autorität aus— 
üben, welche nicht ausdrücklich von ihr ausgeht. 
Artikel 4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen 
nicht schadet; also hat die Ausübung der natürlichen Rechte jedes Menschen keine 
Grenzen als diejenigen, welche den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft den 
Genuß derselben Rechte sichert. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz 
bestimmt werden. 
Artikel 5. Das Gesetz hat nur das Recht, die der Gesellschaft schädlichen Hand- 
lungen zu verbieten. — Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, kann nicht 
gehindert werden, und niemand kann gezwungen werden, das zu tun, was es 
nicht gebietet. 
Artikel G6. Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. — Alle 
Staatsbürger haben das Recht, persönlich oder durch ihre Vertreter zu der Bildung 
desselben beizutragen. — Es muß für alle gleiche Kraft haben, sei es nun, daß es 
beschützt, oder daß es bestraft. — Alle Staatsbürger sind vor seinen Augen gleich, 
sind in gleicher Weise zu allen Würden, Stellen und öffentlichen Amtern nach 
ihrer Fähigkeit, und ohne einen anderen Unterschied als denjenigen, welchen sie 
ihren Tugenden und ihren Talenten verdanken, zulässig. 
Artikel 7. Kein Mensch kann weder angeklagt, noch verhaftet, noch gefangen 
gehalten werden, als in dem vom Gesetze bestimmten Falle und in der von ihm 
vorgeschriebenen Weise. Diejenigen, welche zu willkürlichen Verfügungen anreizen, 
sie befördern, ausführen oder ausführen lassen, sollen bestraft werden. Aber jeder 
Staatsbürger, welcher kraft des Gesetzes vorgeladen oder ergriffen worden ist, soll 
sogleich gehorchen; er macht sich durch Widerstand strafbar. 
Artikel 8. Das Gesetz kann nur streng notwendige Strafen einführen, und 
niemand kann kraft eines Gesetzes bestraft werden, welches nicht vorher ausgestellt 
und gegen das Verbrechen bekannt gemacht und gesetzmäßig angewendet worden ist. 
Artikel 9. Da jeder Mensch so lange für unschuldig zu halten ist, bis er für 
schuldig befunden wurde, so soll, wenn es für unumgänglich notwendig erachtet 
wird, ihn festzunehmen, jeder zur Versicherung seiner Person unnötigen Härte durch 
das Gesetz streng gesteuert werden. 
Artikel 10. Niemand darf wegen seiner Ansichten, selbst wegen der religiösen 
nicht, beunruhigt werden, vorausgesetzt, daß deren Außerung die durch das Gesetz 
bestimmte Ordnung nicht störe. 
Artikel 11. Die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen ist eines der 
kostbarsten Rechte des Menschen; jeder Staatsbürger kann frei sprechen, schreiben, 
drucken, mit Vorbehalt der Verantwortung für den Mißbrauch dieser Freiheit in 
den von dem Gesetze festgestellten Füällen. 
Artikel 12. Die Bürgschaft der Menschen= und Staatsbürgerrechte macht eine 
öffentliche Gewalt nötig; diese Gewalt ist also zum Vorteile aller und nicht zum 
Privatnutzen derjenigen, welchen sie anvertraut worden ist, errichtet worden. 
Artikel 13. Zur Unterhaltung der öffentlichen Macht und zur Bestreitung der 
Verwaltungskosten ist eine allgemeine Beisteuer unerläßlich; sie soll zwischen allen 
Staatsbürgern nach Verhältnis ihres Vermögens gleich verteilt werden. 
Artikel 14. Alle Staatsbürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Ver- 
treter die Notwendigkeit der allgemeinen Steuer darzulegen, frei darin zu willigen,
	        
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