Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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8. Damit aber alle diese Einrichtungen ihren Zweck, die innere Entwicklung 
des Volkes, vollständig erreichen und Treue und Glauben, Liebe zum Könige und 
Vaterlande in der Tat gedeihen, so muß der religiöse Sinn des Volks neu be— 
lebt werden. Vorschriften und Anordnungen allein können dieses nicht bewirken. 
Doch liegt es der Regierung ob, mit Ernst diese wichtige Angelegenheit zu be— 
herzigen, durch Entfernung unwürdiger Geistlichen, Abwehrung leichtsinniger oder 
unwissender Kandidaten und Verbesserung der theologischen Vorbereitungsanstalten 
die Würde des geistlichen Standes wieder herzustellen, auch durch eine angemessene 
Einrichtung der Pfarrabgaben und durch Vorsorge für anständige Feierlichkeit des 
äußeren Gottesdienstes die Anhänglichkeit an die kirchlichen Anstalten zu befördern. 
9. Am meisten aber hierbei, wie im ganzen, ist von der Erziehung und dem 
Unterrichte der Jugend zu erwarten. Wird durch eine auf die innere Natur des 
Menschen gegründete Methode!) jede Geisteskraft von innen heraus entwickelt und 
jedes edle Lebensprinzip angereizt und genährt, alle einseitige Bildung ver— 
mieden, und werden die bisher oft mit seichter Gleichgültigkeit vernachlässigten 
Triebe, auf denen die Kraft und Würde des Menschen beruht, 
Liebe zu Gott, König und Vaterland, 
sorgfältig gepflegt, so können wir hoffen, ein physisch und moralisch kräftiges Ge— 
schlecht aufwachsen und eine bessere Zukunft sich eröffnen zu sehen 
Königsberg, den 24. November 1808. Stein. 
98. 
Maßvolle Anwendung der zeitgemäßen Freiheits= und Gleichheits- 
gedanken auf Preußen. 
1807. 
Quelle: Friedrich Wilhelms III. Edikt, den erleichterten Besitz und den 
freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhält— 
nisse der Landbewohner betreffend, vom 9. Oktober 1807. 
Fundort: G. H. Pertz a. a. O. Bd. 2. S. 23—28. 
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw. usw., 
tun kund und fügen hiermit zu wissen: Nach eingetretenem Frieden hat uns die 
Vorsorge für den gesunkenen Wohlstand unserer getreuen Untertanen, dessen 
baldigste Wiederherstellung und möglichste Erhöhung vor allem beschäftigt. Wir 
haben hierbei erwogen, daß es bei der allgemeinen Not die uns zu Gebote 
stehenden Mittel übersteige, jedem einzelnen Hilfe zu. verschaffen, ohne den Zweck 
erfüllen zu können, und daß es ebensowohl den unerläßlichen Forderungen der 
Gerechtigkeit als den Grundsätzen einer wohlgeordneten Staatswirtschaft gemäß sei, 
alles zu entfernen, was den einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen, 
den er nach dem Maß seiner Kräfte zu erreichen fähig war. Wir haben ferner 
erwogen, daß die vorhandenen Beschränkungen teils in Besitz und Genuß des 
Grundeigentums, teils in den persönlichen Verhältnissen des Landarbeiters unserer 
wohlwollenden Absicht vorzüglich entgegenwirken und der Wiederherstellung der 
Kultur eine große Kraft seiner Tätigkeit entziehen, jene, indem sie auf den Wert 
des Grundeigentums und den Kredit des Grundbesitzers einen höchst schädlichen Ein- 
fluß haben; diese, indem sie den Wert der Arbeit verringern. Wir wollen daher 
1) An einer anderen Stelle empfiehlt Stein die Methode Pestalozzis.
	        
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