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8. Damit aber alle diese Einrichtungen ihren Zweck, die innere Entwicklung
des Volkes, vollständig erreichen und Treue und Glauben, Liebe zum Könige und
Vaterlande in der Tat gedeihen, so muß der religiöse Sinn des Volks neu be—
lebt werden. Vorschriften und Anordnungen allein können dieses nicht bewirken.
Doch liegt es der Regierung ob, mit Ernst diese wichtige Angelegenheit zu be—
herzigen, durch Entfernung unwürdiger Geistlichen, Abwehrung leichtsinniger oder
unwissender Kandidaten und Verbesserung der theologischen Vorbereitungsanstalten
die Würde des geistlichen Standes wieder herzustellen, auch durch eine angemessene
Einrichtung der Pfarrabgaben und durch Vorsorge für anständige Feierlichkeit des
äußeren Gottesdienstes die Anhänglichkeit an die kirchlichen Anstalten zu befördern.
9. Am meisten aber hierbei, wie im ganzen, ist von der Erziehung und dem
Unterrichte der Jugend zu erwarten. Wird durch eine auf die innere Natur des
Menschen gegründete Methode!) jede Geisteskraft von innen heraus entwickelt und
jedes edle Lebensprinzip angereizt und genährt, alle einseitige Bildung ver—
mieden, und werden die bisher oft mit seichter Gleichgültigkeit vernachlässigten
Triebe, auf denen die Kraft und Würde des Menschen beruht,
Liebe zu Gott, König und Vaterland,
sorgfältig gepflegt, so können wir hoffen, ein physisch und moralisch kräftiges Ge—
schlecht aufwachsen und eine bessere Zukunft sich eröffnen zu sehen
Königsberg, den 24. November 1808. Stein.
98.
Maßvolle Anwendung der zeitgemäßen Freiheits= und Gleichheits-
gedanken auf Preußen.
1807.
Quelle: Friedrich Wilhelms III. Edikt, den erleichterten Besitz und den
freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhält—
nisse der Landbewohner betreffend, vom 9. Oktober 1807.
Fundort: G. H. Pertz a. a. O. Bd. 2. S. 23—28.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw. usw.,
tun kund und fügen hiermit zu wissen: Nach eingetretenem Frieden hat uns die
Vorsorge für den gesunkenen Wohlstand unserer getreuen Untertanen, dessen
baldigste Wiederherstellung und möglichste Erhöhung vor allem beschäftigt. Wir
haben hierbei erwogen, daß es bei der allgemeinen Not die uns zu Gebote
stehenden Mittel übersteige, jedem einzelnen Hilfe zu. verschaffen, ohne den Zweck
erfüllen zu können, und daß es ebensowohl den unerläßlichen Forderungen der
Gerechtigkeit als den Grundsätzen einer wohlgeordneten Staatswirtschaft gemäß sei,
alles zu entfernen, was den einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen,
den er nach dem Maß seiner Kräfte zu erreichen fähig war. Wir haben ferner
erwogen, daß die vorhandenen Beschränkungen teils in Besitz und Genuß des
Grundeigentums, teils in den persönlichen Verhältnissen des Landarbeiters unserer
wohlwollenden Absicht vorzüglich entgegenwirken und der Wiederherstellung der
Kultur eine große Kraft seiner Tätigkeit entziehen, jene, indem sie auf den Wert
des Grundeigentums und den Kredit des Grundbesitzers einen höchst schädlichen Ein-
fluß haben; diese, indem sie den Wert der Arbeit verringern. Wir wollen daher
1) An einer anderen Stelle empfiehlt Stein die Methode Pestalozzis.