Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Fragt man mich, wie dies zu erreichen sei, so ist darauf die einzige, alles in 
sich fassende Antwort diese: wir müssen eben zur Stelle werden, was wir 
ohnedies sein sollten, Deutsche. Wir sollen unseren Geist nicht unterwerfen: 
so müssen wir eben vor allen Dingen einen Geist uns anschaffen, und einen festen 
und gewissen Geist; wir müssen ernst werden in allen Dingen und nicht fort- 
fahren bloß leichtsinnigerweise und nur zum Scherze dazusein; wir müssen uns 
haltbare und unerschütterliche Grundsätze bilden, die allem unseren übrigen Denken 
und unserem Handeln zur festen Richtschnur dienen; Leben und Denken muß bei 
uns aus einem Stücke sein und ein sich durchdringendes und gediegenes Ganzes; 
wir müssen in beiden der Natur und der Wahrheit gemäß werden und die 
fremden Kunststücke von uns werfen; wir müssen, um es mit einem Worte zu 
sagen, uns Charakter anschaffen; denn Charakter haben, und deutsch sein, 
ist ohne Zweifel gleichbedeutend, und die „Sache hat in unserer Sprache 
keinen besonderen Namen, weil sie eben ohne all unser Wissen und Besinnung aus 
unserem Sein unmittelbar hervorgehen soll. 
Wir müssen zuvörderst über die großen Ereignisse unserer Tage, ihre Be- 
ziehung auf uns und das, was wir von ihnen zu erwarten haben, mit eigener 
Bewegung unserer Gedanken nachdenken und uns eine klare und feste Ansicht von 
allen diesen Gegenständen und ein entschiedenes und unwandelbares Ja oder 
Nein über die hierherfallenden Fragen verschaffen; jeder, der den mindesten An- 
spruch auf Bildung macht, soll das.. Jene Achtlosigkeit auf das, was unter 
unseren Augen vorgeht, und die künstliche Ableitung der allenfalls entstandenen 
Aufmerksamkeit auf andere Gegenstände wäre das Erwünschteste, was einem 
Feinde unserer Selbständigkeit begegnen könnte. Ist er sicher, daß wir uns bei 
keinem Dinge etwas denken, so kann er eben, wie mit leblosen Werkzeugen, 
alles mit uns vornehmen, was er will; die Gedankenlosigkeit eben ist es, die sich 
an alles gewöhnt; wo aber der klare und umfassende Gedanke und in diesem das 
Bild dessen, was da sein sollte, immerfort wachsam bleibt, da kommt es zu keiner 
Gewöhnung. 
Diese Reden haben zunächst Sie eingeladen, und sie werden einladen die 
ganze deutsche Nation, inwieweit es dermalen möglich ist, dieselbe durch den 
Bücherdruck um sich zu versammeln, bei sich selbst eine feste Entscheidung zu 
fassen, und innerlich mit sich einig zu werden über folgende Fragen: 1. ob es 
wahr sei, oder nicht wahr, daß es eine deutsche Nation gebe, und daß deren Fort- 
dauer in ihrem eigentümlichen und selbständigen Wesen dermalen in Gefahr sei? 
2. Ob es der Mühe wert sei, oder nicht wert sei, dieselbe zu erhalten? 3. Ob es 
irgendein sicheres und durchgreifendes Mittel dieser Erhaltung gebe, und welches 
dieses Mittel sei? . . ... 
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Jahn. 
Quelle: Fr. Ludw. Jahn, Deutsches Volkstum (geschrieben 1808). 
Ausg. Bibliograph. Institut, Leipzig, Wien. S. 36, 69, 203. 
Ein allgemeingültiges Musterbild für alles und jedes Volk hat es nicht ge- 
geben und kann es nicht und soll es auch nicht geben. Darum ist ein jedes ver- 
löschendes Volkstum ein Unglücksfall für die Menschheit, ein Verlust für die Ge- 
schichte und eine unausfüllige Lücke. In einem Volke kann sich der Adel der
	        
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