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brochener Wagen, weggeworfener Harnische und Eisenhüte der feindlichen Ka—
vallerie, so daß wir annehmen konnten, daß große Furcht sie beherrscht hatte.
Nachdem wir so eine Stunde marschiert waren, kam Botschaft vom Prinzen
von Homburg an Seine Kurf. Durchl., daß er den Feind festgehalten habe und
Seine Durchl. bitten ließe, mit dem Gros der Armee schleunigst vorzurücken und
ihm zu erlauben, daß er den Angriff allein beginne. Der Kurfürst wollte aber
nicht, daß er zum Angriff überginge, ehe wir nahe genug waren, um ihn gut zu
unterstützen, da unsere Artillerie und das Gros der Truppe nicht so schnell folgen
konnten. Der Prinz von Homburg blieb dem Feinde jedoch immer auf den
Fersen; dieser zog sich bald zurück, bald stellte er sich in Schlachtordnung.
Währenddessen beratschlagte Seine Kurf. Durchl. mit Derfflinger, was jetzt zu
tun sei. Dieser riet, nach dem Cremmer Damm zu marschieren und Abteilungen
nach Nauen und Netzeband usw. zu senden, um alle Brücken zu zerstören und alle
Dämme durchstechen zu lassen; ferner sollte man alle Bauern und sonstigen Leute
zu den Waffen rufen; auch den Cremmer Damm, nachdem wir ihn überschritten
hätten, durchstechen und nördlich vor dem Fehrbelliner Damm Stellung nehmen,
den wir zu erreichen hofften, ehe die Feinde ihn wiederherstellen lönnten, denn
die Unsrigen hatten die dortige Brücke verbrannt. Durch diese Maßregel —
dachten wir — würde der Feind innerhalb zweier Tage gezwungen sein, sich zu
ergeben. Aber Seine Kurf. Durchl., durch die Boten, die der Prinz von Homburg
alle Augenblicke schickte, aufgereizt, wollte hiervon nichts wissen und erklärte, daß,
da wir einmal dem Feinde so nahe wären, dieser Fell oder Federn lassen müsse.
Hierauf antwortete der Feldmarschall Derfflinger mutig: „Gut, gnädiger Herr, ich
glaubte als General verpflichtet zu sein, meine Ansicht, wie ich es für das vor—
teilhafteste und sicherste hielt, zu sagen; aber wenn es Euer Kurf. Durchl. ge-
fällt, das andere zu wählen, so werde ich auch so mit dem Feinde fertig werden,
obgleich mehr Gefahr und Wagnis dabei ist.“
Wir begannen, so schnell es uns nur möglich war, vorzurücken, mußten jedoch
oft Halt machen, damit die anderen nachkommen konnten, da unser Weg durch
Wälder und Sümpfe führte. Als wir eine gute Stunde marschiert waren, schickte
der Prinz von Homburg wieder einen Offizier und ließ um Dragoner bitten, da
der Feind sich hinter einer Landwehr#) zwischen den Dörfern Linum und Haken-
berg festgesetzt habe; der Kurfürst bewilligte sie ihm sogleich. Ich bat nun um Er-
laubnis, etwas vorreiten zu dürfen, um die Haltung des Feindes zu erkunden.
Ich erhielt sie und ritt trotz des starken Regens zu. Währenddessen hatten unsere
Leute den Feind aus seiner vorteilhaften Deckung herausgetrieben. Dieser zog
sich auf einen Berg beim Dorfe Linum zurück, wo er das Dorf im Rücken, einen
großen Sumpf zur Linken?) und ein Gehölzs) zur Rechten hatte. Nahe dem
Gehölz war ein kleiner Sumpf und einige mit Gesträuch bewachsene Sandhügel.
Von dieser Seite her rückten wir an, fuhren auf dem Sandhügel unsere Geschütze
auf, und da wir keine Infanterie hatten — die 500 Mann, die wir mitgenommen
hatten, waren mehr als zwei Stunden zurückgeblieben — stellten wir das Dragoner-
regiment Derfflinger bei den Kanonen auf. Dieses hatte weder Oberstleutnant
noch Major, der eine war bei Rathenow getötet“), der andere lag noch an einer
1) Ein tiefer Graben.
2) Das Rhinluch.
*) Die Dechtower Fichten genannt.
") Oberstleutnant von Uckermann.