— 76 —
ihnen nicht, gleichwie Se. Königl. Majestät dero getreuen Untertanen wider—
fahren lassen, Abgaben erlassen, noch wird ihnen unter die Arme gegriffen
und wieder aufgeholfen, sondern sie werden bis aufs Blut ausgesogen. Die Ein-
quartierung und Kriegsfuhren, auch Werbungen ruinieren sie mit. Der Edelmann
will sein geringes Gut nützen und sich wohl aufführen, auch anderen es gleich
machen, und also muß alles übern Haufen gehen, wo Seiner Majestät landes-
väterliche Fürsorge solches nicht abstellt. Vor allem ist nötig, daß durch unparteiische
Leute die Hofbriefe der Bauern, darinnen die Adligen ihre Pflichten und Lasten
festgesetzt haben, untersucht und der Billigkeit gemäß geändert werden, da sie
oft nicht nach Verhältnis ihrer Ländereien und anderer Abgaben eingerichtet
worden. Bei den Regierungen und bei den Hof-, Land= und anderen Gerichten
bekommen die Bauern kein Recht, weil die Ohmst) mit darin sitzen, und diese
selbst wegen ihrer eigenen Güter und Bauern ein Interesse dabei haben und sich
selbst keinen Schaden dabei tun wollen.
4.
Friedrich Wilhelm I. beim Bau des preußischen Staatswesens.
A. Heerwesen.
a) Einführung der Kantone für die Rekrutierung der Regimenter.
1. Quelle: Ordre über Kantons für die Regimenter. 1. Mai 1733.
Fundort: L’Homme de Courbieèere, Gesch, der Brandenburgisch-Preußischen Heeresverfassung.
Berlin 1852. S. 89—90.
Mein lieber General-Lieutenant von Röder!
Dieweil bishero soviel Unordnung und keine egalité mit denen enrollirten?),
so die Regimenter haben, gewesen, da ein Regiment mehr enrolliret hat, als es
brauchen kann, etlche Regimenter aber zu wenig haben; So habe ich resolviret
und zur Conservation der Armee gut gefunden, eine richtige Disposition zu
machen, was jedes Regiment in seinen enrollirten für Oerther und Feuerstellen
haben soll. Ich schicke Euch also die Disposition, was Euer Regiment für Feuer-
stellen bekommt, an der Zahl 7947, so in 10 Theile getheilet auf die Compagnie
700 und einige 90 Feuerstellen ausmacht. Einen Theil davon kann sich die Leib-
compagnie auswählen, um die anderen 9 aber sollen die übrigen Compagnieen
spielen. An alle die enrollirten, so Euer Regiment durch diese Disposition be-
kommt, sollen die übrigen Regimenter keinen Anspruch machen, ausgenommen,
was Leuthe sind, die würklich in währender Exerzirzeit in Reyhen und Gliedern
gestanden, Ingleichen die alte Soldaten, so würklich fünff Jahre unter einem
Regiment als Soldaten gedient haben und ausrangiret sind, die sollen denen Regi-
mentern, so sie vorhin gehabt, verbleiben.. . Die neue Feuerstellen, so jede
Compagnie krieget, sollen dazu sein, von der jungen Mannschaft die besten Leuthe
zu nehmen, um sich complet zu halten und zuwachs zu haben. Dann müssen
sie auch so viel Knechte davon nehmen, alß sie vermöge Reglement alßdann
haben müssen, wenn das Regiment zu Felde geht. Desgleichen sollen sie soviel
Leuthe davon nehmen, alß sie zu den neuen guarnisons abgeben müssen, wozu sie
jedoch ihre alte ausrangirte Knechte mit employiren, und die fehlenden von
1) Verwandten der Adligen. 2) in die Stammrolle aufnehmen.