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Ein Regent, der mit Ehren in der Welt regieren will, muß seine Regierungs-
geschäfte alle selber besorgen: also sind die Regenten zur Arbeit erkoren
und nicht zum flasckent), faulen Weiberleben .. Der liebe Gott
hat Euch auf den Thron gesetzt nicht zum faulenzen, sondern zum
arbeiten und seine Länder wohl zu regieren
Eure Finanzen müßt Ihr selber und allein verwalten und das Kommando
der Armee selber und allein bestellen und die zwei Hauptsachen allein dis-
ponieren. Dadurch werdet Ihr die Autorität in der Armee und die Licbe Eurer
Offiziere und Zivilbeamten haben, weil Ihr den Knopf auf dem Beutel allein
habt, und Ihr werdet von der ganzen Welt geachtet und bewundert werden, daß
Ihr so ein kluger und braver Regent seid. Dazu verhelfe Euch Gott, der All-
mächtige! Amen.
48.
Ein Bild Friedrich Wilhelms I., gezeichnet von seinem
großen Sohne.
Quelle: Friedrich II., Mémoires pour servir à Thistoire de Branden-
bourg.
Übersetzung: W. M. Pantenius a. a. O. S. 117—118.
.Er hatte einen arbeitsamen Geist in einem robusten Körper, nie war ein
Mensch mit einem besseren Verständnis für Einzelheiten geboren. Wenn er bis
zu den kleinsten Dingen hinabstieg, so geschah es, weil er überzeugt war, daß ihre
Gesamtheit die großen ausmacht. Er richtete sich in allen seinen Arbeiten nach
dem Gesamtplan seiner Politik, und indem er daran arbeitete, den Teilen den
letzten Grad der Vollkommenheit zu geben, tat er es, um das Ganze zu ver-
vollkommnen. Er beschnitt alle unnötigen Ausgaben und verstopfte die Kanäle der
Verschwendung, durch die sein Vater die reichlich fließenden Steuern zu eitlem
und überflüssigem Gebrauch abgelenkt hatte. Für den Hof machte sich diese
Reform zuerst fühlbar. Er behielt nur eine Anzahl von Personen, die für seine
Würde und den Nutzen des Staates notwendig waren. Er beschränkte seine eigenen
Ausgaben auf eine mäßige Summe, indem er sagte, daß ein Fürst sparsam mit
dem Gut und Blut seiner Untertanen umgehen müsse. In dieser Hinsicht war er
ein Philosoph auf dem Throne; er gab das Beispiel einer Strenge und Mäßigkeit,
die den ersten Zeiten der römischen Republik würdig waren. Ein Feind des
Prunkes und der pomphaften Außerlichkeiten des Königtums, gestattete ihm seine
stossche Tugend nicht einmal die mäßigsten Bequemlichkeiten des Lebens. So
schlichte Sitten, eine so außerordentlich große Einfachheit bildete den voll-
kommensten Gegensatz zu dem Hochmut und der Verschwendung Friedrichs I.
Friedrich Wilhelm hinterließ bei seinem Tode 66000 Menschen, die er durch seine
gute Okonomie erhielt, vermehrte Finanzen, einen gefüllten Staatsschatz und eine
musterhafte Ordnung in allen seinen Staatsgeschäften. Wenn man mit Recht sagt,
daß man den Schatten der Ciche den Tugenden der Eichel verdankt, die sie
hervorbringt, wird alle Welt zugeben müssen, daß man in dem arbeitsamen
Leben und den weisen Maßnahmen dieses Fürsten die Grund-
lagen des blühenden Zustandes findet, dessen sich das königliche
Haus nach seinem Tode erfreute.
1) laschen.