Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Stimmungen und Auffassungen im Kreise Metternichs. 
1818. 
Quelle: Gentz), Über Volk und Jugend in den Befreiungskriegen (an- 
läßlich des Wartburgfestes). 
Fundort: Friedrich Schulze, 1813—1815. Die deutschen Befreiungskriege in zeitgenössischer Schilderung. 
Leipzig o. J. S. 323—325. 
Der Feldzug von 1813 und 1814 war eine der Unternehmungen, die durch 
Tapferkeit und Enthusiasmus allein unmöglich gelingen können, und bei welchen 
selbst das glänzendste Verdienst der Ausführung dem höheren Verdienst der Ein- 
leitung und Anordnung nachstehen muß. Die Fürsten und ihre Minister und ihre 
Feldherren, die an ihren Ratschlägen teil hatten, haben das Größte verrichtet. 
Sie haben getan, was alle Volksredner und Pamphletschreiber der Welt und Nach- 
welt ihnen nicht streitig machen können. Sie haben den Augenblick erkannt und 
benutzt, an dessen glückliche Wahl das Schicksal von Europa geknüpft war. Sie 
haben den Krieg vorbereitet, gegründet, geschaffen. Sie haben mehr als dieses ge- 
tan: sie haben ihn auch geleitet, genährt und belebt. Ohne die Gegenwart der 
Monarchen, ihre begeisternde Tätigkeit, ihre wundervolle Eintracht, ihre kühnen 
und weisen Operationspläne säße Napoleon noch jetzt auf seinem Throne: die, 
welche heutigentages in jugendlicher Vermessenheit wähnen, sie hätten den Tyrannen 
gestürzt, hätten ihn nicht einmal aus Deutschland getrieben. 
Allerdings konnten die Völker bei einem Kriege, wie dieser, nicht müßig oder 
neutral bleiben; allerdings mußte auf ihre treue und kräftige Mitwirkung ge- 
rechnet werden können. Mehr oder weniger ist dies bei allen Kriegen der Fall. 
Der Krieg von 1813 hatte aber das Eigentümliche, daß er nicht allein für das 
Interesse der Völker (welches jedem rechtlichen Kriege zugrunde liegen soll), 
sondern auch für ein von den Völkern einstimmig anerkanntes, einleuchtendes, un- 
mittelbares, dringendes Interesse geführt wird. Die Frage in diesem Kriege war, 
ob sie lieber ihren angestammten Regenten und vaterländischen Gesetzen, oder 
einem fremden Eroberer gehorchen wollten, und diese Frage war in allen Ge- 
mütern entschieden. Es bedurfte weder des Zwanges, noch künstlicher Überredung, 
um die Völker für ihre eigene Sache zu bewaffnen. Daß es sich so verhielt, 
benimmt ihrer kindlichen Zuversicht und Bereitwilligkeit, ihren preiswürdigen An- 
strengungen, ihren heldenmütigen Aufopferungen nicht das Geringste von ihrem 
bleibenden Wert. Wir haben es hier überhaupt (was nicht oft genug erinnert 
werden kann) keineswegs mit den Völkern, die besser wissen, was wahr und gerecht 
ist, sondern bloß mit ihren eigenmächtigen, geschäftigen, oft sehr unklugen Freunden 
zu tun; denn von diesen unbevollmächtigten Organen allein hören wir sagen: 
„Wir haben den Fürsten ihre Kronen wiedererobert, und was ist unser Lohn?“ uff. 
Gehen wir von der Vorbereitung, dem wahren Ursprunge, dem Zweck und 
den Mitteln des Krieges, zu der eigentlichen Führung desselben über, so ergibt 
sich, daß der Lieblingstext der Demagogen, das Volk allein habe alles getan, 
nicht weniger grundlos ist. Zu dem Volke — in ihrem Sinne des Wortes — 
1) Friedrich von Gentz (1764—1832), ein bekannter Publizist und Staatsmann jener 
Tage, führte als Generalsekretär das Protokoll zu den Verhandlungen des Wiener Kon- 
gresses. Er gab später seine geschickte Feder dazu her, die Freiheitsbestrebungen der 
Völker zu bekämpfen und den strengsten Absolutismus zu verfechten.
	        
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