Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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und also auf eine huldreiche Bewilligung mit Sicherheit rechnen darf. Ich würde 
die Bitte um Entlassung aus meinen Amtern schon vor Jahr und Tag Eurer 
Majestät unterbreitet haben, wenn ich nicht den Eindruck gehabt hätte, daß es 
Eurer Majestät erwünscht wäre, die Erfahrungen und die Fähigkeiten eines treuen 
Dieners Ihrer Vorfahren zu benutzen. Nachdem ich sicher bin, daß Eure Majestät 
derselben nicht bedürfen, darf ich aus dem politischen Leben zurücktreten, ohne zu 
befürchten, daß mein Entschluß von der öffentlichen Meinung als unzeitig ver- 
urteilt wird. (gez.) von Bismarck. 
2. Quelle: Handschreiben des Kaisers vom 20. März 1890. 
Fundort: L. Hahn, Fürst Bismarck. Bd. 5. S. 642 und 643. 
Mein lieber Fürst! 
Mit tiefer Bewegung habe ich aus Ihrem Gesuche vom 18. d. M. ersehen, 
daß Sie entschlossen sind, von den Amtern zurückzutreten, welche Sie seit langen 
Jahren mit unvergleichlichem Erfolge geführt haben. Ich hatte gehofft, dem Ge- 
danken, mich von Ihnen zu trennen, bei unseren Lebzeiten nicht näher treten zu 
müssen. Wenn ich gleichwohl im vollen Bewußtsein der folgenschweren Tragweite 
Ihres Rücktrittes jetzt genötigt bin, mich mit diesem Gedanken vertraut zu machen, 
so tue ich dies zwar betrübten Herzens, aber in der festen Zuversicht, daß die 
Gewährung Ihres Gesuches dazu beitragen werde, Ihr für das Vaterland un- 
ersetzliches Leben und Ihre Kräfte so lange wie möglich zu schonen und zu er- 
halten. 
Die von Ihnen für Ihren Entschluß angeführten Gründe überzeugen mich, 
daß weitere Versuche, Sie zur Zurücknahme Ihres Antrages zu bestimmen, keine 
Aussicht auf Erfolg haben. Ich entspreche daher Ihrem Wunsche, indem ich Ihnen 
hierneben den erbetenen Abschied aus Ihren Amtern als Reichskanzler, Präsident 
meines Staats-Ministeriums und Minister der Auswärtigen Angelegenheiten in 
Gnaden und in der Zuversicht erteile, daß Ihr Rat und Ihre Tatkraft, Ihre 
Treue und Hingebung auch in Zukunft mir und dem Vaterlande nicht fehlen 
werden. 
Ich habe es als eine der gnädigsten Fügungen in meinem Leben betrachtet, 
daß ich Sie bei meinem Regierungsantritt als meinen ersten Berater zur Seite 
hatte. Was Sie für Preußen und Deutschland gewirkt und erreicht haben, was 
Sie meinem Hause, meinen Vorfahren und mir gewesen sind, wird mir und dem 
deutschen Volke in dankbarer, unvergänglicher Erinnerung bleiben. Aber auch im 
Auslande wird Ihrer weisen und tatkräftigen Friedenspolitik, die ich auch künftig 
aus voller Überzeugung zur Richtschnur meines Handelns zu machen entschlossen 
bin, alle Zeit mit ruhmvoller Anerkennung gedacht werden. Ihre Verdienste 
vollwertig zu belohnen, steht nicht in meiner Macht. Ich muß mir daran genügen 
lassen, Sie meines und des Vaterlandes unauslöschlichen Dankes zu versichern. 
Als ein Zeichen dieses Dankes verleihe ich Ihnen die Würde eines Herzogs von 
Lauenburg. Auch werde ich Ihnen mein lebensgroßes Bildnis zugehen lassen. 
Gott segne Sie, mein lieber Fürst, und schenke Ihnen noch viele Jahre eines 
ungetrübten und durch das Bewußtsein treu erfüllter Pflicht verklärten Alters. 
In diesen Gesinnungen bleibe ich Ihr Ihnen auch in Zukunft treu ver- 
bundener, dankbarer Kaiser und König. 
Berlin den 20. März 1890. Wilhelm I. R.
	        
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