Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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welche Industrie und Handel für unsere wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung 
haben, für die Mehrung unseres Nationalvermögens, für unsere Machtstellung in 
der Welt. Ich freue mich dieser Erfolge unserer Handelspolitik, welche zu diesem 
wirtschaftlichen Aufschwunge mit beigetragen hat. Ich betrachte aber die Land- 
wirtschaft als einen den beiden anderen Erwerbsständen vollständig gleichberechtigten 
Faktor; ich erachte die Erhaltung eines leistungsfähigen, fest eingesessenen Bauern- 
standes, dieser Grundlage unserer Nähr= und Wehrverhältnisse, für im höchsten 
Staatsinteresse liegend. « 
Wenn ein so wichtiges Glied des Volksorganismus wie die Landwirtschaft 
krankt, dann darf es nicht seinem Schicksal überlassen werden, sondern es ist Pflicht 
einer staatserhaltenden Politik, ihr jede Fürsorge und Pflege angedeihen zu lassen, 
die sich mit den Lebensinteressen der anderen Erwerbsstände irgend vereinigen läßt. 
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Der Aufstieg zur Weltmacht. 
1. Quelle: Reichstagsrede des Reichskanzlers Grafen Bülow 
am 3. März 1902. 
Fundort: Wilhelm von Massow a. a. O. Bd. 2. S. 55 u. 56. 
Wenn Sie unter Weltpolitik — das tut ja bisweilen der Herr Abgeordnete 
Richter.) — die Tendenz verstehen, den Hans Dampf in allen Gassen zu spielen, 
die Finger in jede Ritze zu stecken, sich à la Phaeton ins Blaue zu verlieren, so bin 
ich nicht nur kein Anhänger, sondern ich bin — das habe ich tatsächlich genügend 
bewiesen — der allerentschiedenste Gegner einer solchen Weltpolitik. Wenn Sie 
aber, wie das soeben der Herr Abgeordnete Dr Freiherr von Hertling?) aus- 
geführt hat, unter Weltpolitik die Einsicht verstehen, daß Deutschland durch die 
Entwicklung der Verhältnisse große und immer größer werdende überseeische 
Interessen erworben hat, und daß es unsere Pflicht ist, diese Interessen zu 
schützen; — die Erkenntnis, daß wir nicht mehr Interessen haben nur um unseren 
Ofen herum und in der Nähe unseres Kirchturmes, sondern überall da, wohin 
deutscher Gewerbefleiß und Handelsgeist gedrungen sind, — dann bin ich, dann 
sind die verbündeten Regierungen Anhänger jener Weltpolitik, die davon ausgeht, 
daß wir Interessen haben in allen Weltteilen und diese Interessen innerhalb der 
Grenzen des Möglichen und Vernünftigen pflegen müssen. 
2. Quelle: Rede bei dem Festmahl, das anläßlich der Jubelfeier des 
Reiches am 18. Januar 1896 im königlichen Schloß in Berlin gegeben 
wurde. 
Fundort: Johs. Penzler a. a. O. Bd. 2. S. 9 und 10. 
Der heutige Tag, ein Tag dankbaren Rückblickes, wie das ganze Jahr in allen 
seinen Feiern, ist eine einzige ’große Dankesfeierund Gedenkfeier für den hoch- 
seligen großen Kaiser. Über dem heutigen Tage ruht der Segen, schwebt der 
Geist dessen, der in Charlottenburg, und dessen, der in der Friedenskirches) ge- 
1) Der bekannte Führer der freisinnigen Volkspartei, ein grundsätzlicher Gegner jeder 
Flotten- und Weltpolitik. 
s:) Führer des Zentrums, der nachmalige Reichskanzler. ç 
2) Gemeint sind Kaiser Wilhelm I., der im Charlottenburger Mausoleum ruht, und Kaiser 
Friedrich III., der in der Friedenskirche in Potsdam bestattet ist.
	        
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