Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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preußischen Ministerpräsidenten auf die Erregung aufmerksam machte, die das Vor— 
gehen Preußens gegen Dänemark in England hervorrufe und dabei die Be— 
merkung fallen ließ, daß, wenn Preußen nicht haltmache, die englische Regierung 
zu kriegerischen Maßnahmen gegen Preußen gedrängt werden könnte, erwiderte 
ihm Herr von Bismarck-Schönhausen: „Ja, was wollen Sie uns denn eigentlich 
tun? Schlimmstenfalls können Sie ein paar Granaten nach Stolpmünde oder 
Pillau werfen, das ist aber auch alles.“ Bismarck hatte recht für jene Zeit. Wir 
waren damals für das seebeherrschende England so gut wie unangreifbar, weil 
wir zur See nicht verwundbar waren. Wir besaßen weder eine große Handels— 
marine, deren Zerstörung uns empfindlich treffen konnte, noch einen nennens- 
werten Uberseehandel, dessen Unterbindung wir zu fürchten hatten. 
Ganz anders heute. Wir sind zur See verwundbar geworden. Milliarden- 
werte haben wir dem Meere anvertraut und mit diesen Werten Wohl und Wehe 
vieler Millionen unserer Landsleute. Wenn wir nicht rechtzeitig für den Schutz 
dieses kostbaren und unentbehrlichen nationalen Besitzes sorgten, waren wir der 
Gefahr ausgesetzt, eines Tages wehrlos ansehen zu müssen, wie er uns für alle 
Zukunft wieder genommen wurde. Dann aber wären wir nicht etwa wirtschaftlich 
und politisch in das behagliche Dasein eines reinen Binnenstaates zurückgesunken. 
Wir wären vielmehr in die Lage versetzt worden, einen beträchtlichen Teil unserer 
Millionenbevölkerung in der Heimat dauernd weder beschäftigen, noch ernähren 
zu können ... Unser Wirtschaftsleben verlangt eine auf eigene Macht begründete 
Sicherung unserer Bewegungsfreiheit auf dem Meere und in der Wellt . . 
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Die Schwierigkeiten des Flottenbaues und ihre Überwindung. 
Quelle: Fürst von Bülow, Deutsche Politik. Berlin 1914. S. 12, 13, 17 u. 19. 
Der Bau einer zum Schutze unserer überseeischen Interessen ausreichenden 
Flotte war seit Ausgang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts eine Lebens- 
frage für die deutsche Nation geworden. Daß Kaiser Wilhelm II. das erkannt und 
an die Erreichung dieses Zieles die ganze Macht der Krone und die ganze Kraft 
der eigenen Individualität gesetzt hat, ist sein großes geschichtliches Verdienst. 
Dieses Verdienst wird noch dadurch erhöht, daß das Oberhaupt des Reiches für 
den Bau der deutschen Flotte in demselben Augenblick eintrat, wo sich das deutsche 
Volk über seine weitere Zukunft entscheiden mußte, und wo nach menschlicher 
Berechnung die letzte Möglichkeit vorlag, für Deutschland den ihm notwendigen 
Seepanzer zu schmieden. Die Flotte sollte gebaut werden unter Behauptung 
unserer Stellung auf dem Kontinent ohne Zusammenstoß mit England, dem wir 
zur See noch nichts entgegenzusetzen hatten, aber unter voller Wahrung unserer 
nationalen Ehre und Würde. Der damals noch recht erhebliche parlamentarische 
Widerstand war nur zu überwinden, wenn die öffentliche Meinung einen nach- 
haltigen Druck auf das Parlament ausübte. Die öffentliche Meinung ließ sich nur 
in Bewegung bringen, wenn gegenüber der im ersten Jahrzehnt nach dem Rück- 
tritt des Fürsten Bismarck in Deutschland herrschenden unsicheren und mutlosen 
Stimmung das nationale Motiv mit Entschiedenheit betont und das nationale 
Bewußtsein wachgerufen wurde. Der Duuck, der seit dem Bruch zwischen dem 
Träger der Kaiserkrone und dem gewaltigen Manne, der diese Krone aus der 
Tiefe des Kyffhäusers hervorgeholt hatte, auf dem deutschen Gemüt lastete, konnte
	        
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