Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

— 170 — 
Ihr werdet einem Feinde gegenüberstehen, der nicht minder todesmutig ist 
wie Ihr. Von europäischen Offizieren ausgebildet, haben die Chinesen die euro— 
päischen Waffen brauchen gelernt. Gott sei Dank haben Eure Kameraden von der 
Marine-Infanterie und meiner Marine, wo sie mit ihnen zusammengekommen sind, 
den alten deutschen Waffenruf bekräftigt und bewährt und mit Ruhm und Sieg 
sich verteidigt und ihre Aufgaben gelöst. 
So sende ich Euch nun hinaus, um das Urrecht zu rächen, und ich werde nicht 
eher ruhen, als bis die deutschen Fahnen vereint mit denen der anderen Mächie 
siegreich über den chinesischen wehen und, auf den Mauern Pekings aufgepflanzt, 
den Chinesen den Frieden diktieren. 
Ihr habt gute Kameradschaft zu halten mit allen Truppen, mit denen Ihr 
dort zusammenkommt. Russen, Engländer, Franzosen, wer es auch sei, sie fechten 
alle für die eine Sache, für die Zivilisation. « 
Wir denken auch noch an etwas Höheres, an unsere Religion und die Ver— 
teidigung und den Schutz unserer Brüder da draußen, welche zum Teil mit ihrem 
Leben für ihren Heiland eingetreten sind. 
Denkt auch an unsere Waffenehre; denkt an diejenigen, die vor Euch ge— 
fochten haben, und zieht hinaus mit dem alten brandenburgischen Fahnenspruch: 
„Vertrau auf Gott, dich tapfer wehr'; daraus besteht dein' ganze Ehr'! Denn 
wer's auf Gott herzhaftig wagt, wird nimmer aus der Welt gejagt"). 
2. Quelle: Entschuldigungsschreiben des Kaisers von China an Kaiser 
Wilhelm II.2). 
Fundort: Johs. Penzler a. a. O. Bd. 3. S. 41 und 42. 
Der Groß-Kaiser des Tatsing-Reiches entbietet Seiner Majestät dem Deutschen 
Kaiser Gruß. 
Seitdem unsere Reiche gegenseitig durch ständige Gesandtschaften vertreten 
sind, haben wir ununterbrochen in den freundschaftlichsten Beziehungen zueinander 
gestanden. 
Die Beziehungen wurden noch inniger, als Seine Königliche Hoheit Prinz 
Heinrich von Preußen nach Peking kam und wir hierbei den Vorzug hatten, 
Seine Königliche Hoheit häufiger zu empfangen und mit ihm in vertrauter Weise 
verkehren zu können. 
Leider drangen inzwischen, im fünften Monat des vergangenen Jahres, die 
Boxer in Peking ein; aufständische Soldaten schlossen sich ihnen an, und es kam 
dahin, daß Eurer Majestät Gesandter, Freiherr von Ketteler, ermordet wurde, ein 
Mann, der, solange er seinen Posten in Peking bekleidete, die Interessen unserer 
Länder auf das wärmste wahrnahm, und dem wir unsere besondere Anerkennung 
zollen mußten. 
1) Dieser Fahnenspruch ist einer der sieben alten Standarten des kurfürstlichen 
Regiments Hennings von Treffenfeld entnommen, die vor mehreren Jahren wieder auf- 
gefunden und auf Befehl des Kaisers der Fahnensammlung des Zeughauses einverleibt 
sind. Diese Standarten stammen aus der Zeit des Großen Kurfürsten und haben dessen 
Truppen in manchen blutigen Schlachten, namentlich bei Fehrbellin, zum Siege geführt. 
Dieselbe Inschrift befindet sich auf der Klinge des Säbels, den der Kaiser dem Kron- 
prinzen bei Vollendung seines zehnten Lebensjahres zum Geschenk gemacht hat. 
„:) Das Schreiben wurde unserem Kaiser am 4. September 1901 von dem Bruder 
des Kaisers von China, dem Prinzen Tschun, dem sogenannten Sühneprinzen, im Neuen 
Palais bei Potsdam in feierlicher Audienz überreicht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.