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Durch ein weit ausholendes Vorführen der Flügel, die stets bereit waren,
gegen den sich etwa setzenden Feind einzuschwenken, konnte dies am wirksamsten
erreicht werden und zugleich jeder neue Versuch des Gegners, nach Südwesten
oder Nordosten auszuweichen, am ehesten verhindert werden
Als sich die deutschen Abteilungen bei ihrem weiteren Vormarsch dem Feinde
näherten, floh dieser aus seinen Stellungen ., ohne an Widerstand zu denken,
in östlicher und südöstlicher Richtung
Die kopflose Flucht, mit der er allenthalben davoneilte, sobald sich auch nur
in der Nähe eine deutsche Abteilung zeigte, bewies, daß seine Widerstandskraft
durch die Kämpfe am Waterberge vollkommen gebrochen war.
Die Aufklärung der nächsten Zeit ergab, daß die Hereros ihre Flucht teils
dem Eiseb, teils dem Epukiro) entlang fortsetzten. Nunmehr wurden die Ab-
teilungen des ersten Feldregimentes am Eiseb . zusammengezogen zur Ver-
folgung der im Eisebrevier zurückweichenden Hereros, während das zweite Feld-
regiment unter Oberst Deimling den im Epikuroflußbett befindlichen Teilen
des Feindes folgen sollte.
Um die Truppe ihren neuen Zielen zuzuführen, galt es, stellenweise große
Marschleistungen zu überwinden, und es folgte nunmehr die Zeit anstrengender
Märsche und ununterbrochenen Lagerlebens. Sehr anschaulich schildert Oberst Deimling
dieses Marsch= und Lagerleben der Truppen in einem Vortrage, in dem es heißt:
„Die Truppe kennt draußen nur das Biwak. Nur in größeren Stationen wie
Windhuk, Okahandja, Keetmanshoop liegt sie in Kasernen oder unter Zelten.
Im Biwak zieht der Mann seinen Mantel an, hüllt sich in die Pferdedecke
und in die Zeltbahn ein; sein Kopfkissen bildet der Sattel. So schläft man, den
strahlenden Sternenhimmel über sich, prachtvoll! In der kalten Zeit wird im
Lager bei Nacht, sofern es die Nähe des Feindes gestattet, Feuer angezündet;
in der heißen Zeit liegt kein Bedürfnis dazu vor.
Während sich die Truppe im Biwak der wohlverdienten Ruhe hingibt, weiden
in der Nähe die Pferde, Ochsen und Esel unter dem Schutze von Viehposten,
welche, das Gewehr im Arm, sorgfältig Wache halten und nicht nur dafür zu
sorgen haben, daß die Tiere nicht weglaufen, sondern auch scharf gegen den Feind
aufpassen müssen.
Sobald die Sonne aufgeht, etwa 6 Uhr — was, nebenbei bemerkt, ein groß-
artiges Schauspiel ist und immer von neuem das Auge entzückt — werden die
Tiere eingefangen; es wird gesattelt und abmarschiert. Zum Kaffeekochen ist keine
Zeit; denn die Morgenkühle muß zum Marschieren ausgenutzt werden. Sind die
Pferde und Esel nicht schlapp, d. h. haben sie in der letzten Zeit ordentlich Hafer
bekommen, so kann abwechselnd Schritt und Trab geritten werden. Leider sind die
Tiere aber infolge unzureichender Ernährung häufig schlapp.
Dann muß zu Fuß marschiert werden, und der Reiter, ein betrübendes Bild,
zieht sein Rößlein hinter sich her. Manchmal sind mir bei solchem Anblick die
Uhlandschen Verse eingefallen:
Da mußt er mit dem frommen Heer
Durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhob sich große Not;
Viel Steine gab's und wenig Brot.
1) Beide Wasserläufe fließen im südlichen Teil des Sandfeldes der Omaheke.