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letzten Rest seiner Widerstandskraft zu rauben; wie ein halb zu Tode gehetztes Wild war
er von Wasserstelle zu Wasserstelle gescheucht, bis er schließlich willenlos ein Opfer
der Natur seines eigenen Landes wurde. Die wasserlose Omaheke sollte, vollenden,
was die deutschen Waffen begonnen hatten: die Vernichtung des Hererovolkes.
Fast übermenschlich waren die Anstrengungen und Entbehrungen, die diese
rastlose Verfolgung, bei der die Truppen ihr Letztes hergeben mußten, auferlegte,
zumal die Mannschaften zum größten Teil nicht mehr beritten waren; groß waren
auch die Opfer, die nicht die Waffen des Feindes, wohl aber der mit erneuter
Heftigkeit ausbrechende Typhus forderte. Die Bewunderung und Anerkennung
für die große Tatkraft der Führung, sowie die unvergleichliche Hingabe, Ausdauer
und Opferwilligkeit der Truppen gab der Chef des Generalstabes der Armee,
Generaloberst Graf von Schlieffen, Ausdruck, indem er dem General von Trotha
telegraphierte: „Hier ist alles voll Bewunderung für die außerordentlich energische
und erfolgreiche Verfolgung unter so schwierigen Verhältnissen .....
Da größere Unternehmungen deutscher Truppen im Sandfelde zu dieser
trockenen Jahreszeit völlig ausgeschlossen waren, beschloß General von Trotha das
ganze Gebiet der Omaheke im Westen und Südwesten abzusperren
Der Oberbefehl über sämtliche Absperrungstruppen wurde dem Major
von Mühlenfels übertragen. General von Trotha selbst begab sich mit seinem
Stabe nach Windhuk, um demnächst den Oberbefehl im Süden zu übernehmen,
wo den deutschen Truppen durch den überraschenden Ausbruch des Hottentotten—
aufstandes eine neue, schwere Aufgabe erwachsen war. Ebendorthin wurden alle
im Norden entbehrlichen Truppen unter Oberst Deimling in Marsch gesetzt.
Die das Sandfeld absperrenden Abteilungen unternahmen mit Patrouillen
unausgesetzt kleinere Streifzüge in die Omaheke und stöberten hierbei vereinzelte,
sich der Absperrungslinie nähernde Banden auf; sie stellten immer von neuem
fest, daß sich größere Massen Hereros in erreichbarer Entfernung von den deutschen
Truppen nicht befanden . . . Die Masse des Volkes mußte mithin bei der Flucht
durch die Omaheke zugrunde gegangen sein. Auf englisches Gebiet sind im ganzen
wenig über 1000 entkommen. Unter Kontrolle befanden sich dort nur 1275 farbige
Flüchtlinge, unter ihnen einige Führer, wie Samuel Maharero, der am Ngamisee
im Britisch-Betschuanaland Zuflucht gefunden hatte. Ganz gering ist die Zahl der
zu den Ovambos entkommenen Hereros, und den Anschluß an die Hottentotten
im Namaland hatten nur Banden von einigen hundert Hereros gefunden
Über das erschütternde Schicksal, das die Masse des Volkes gefunden hatte, ent-
halten die Berichte der deutschen Patrouillenoffiziere geradezu schaurige Einzelheiten.
So berichtete der Oberleutnant Graf Schweinitz:
„Eine . . Fußpad, neben welcher Menschenschädel und Gerippe und Tausende
gefallenen Viehes, besonders Großvieh, lagen, bezeichnete den Weg, den an-
scheinend die nach Nordosten entwichenen Hereros genommen haben.
Besonders in den dichten Gebüschen am Wege, wo die verdurstenden Tiere
wohl Schutz vor den versengenden Strahlen der Sonne gesucht hatten, lagen die
Kadaver zu Hunderten dicht neben= und übereinander. An vielen Stellen war in
15—20 m tiefen, aufgewühlten Löchern vergeblich nach Wasser gegraben .. Alles
läßt darauf schließen, daß der Rückzug ein Zug des Todes wawl
„Die mit eiserner Strenge monatelang durchgeführte Absperrung des Sand-
feldes,“ heißt es im Bericht eines anderen Mitkämpfers, ,vollendete das Werk der
Vernichtung. Die Kriegsberichte des Generals von Trotha aus jener Zeit enthielten