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Ein bayerisches Infanterieregiment erwarb sich dabei unvergleichliche Lorbeeren.
Links der Bayern stürmten schlesische Regimenter die Höhe von Sekowa und
Sokol; junge Regimenter entrissen dem Feinde die hartnäckig verteidigte Fried-
hofshöhe von Gorlice und den zäh gehaltenen Eisenbahnwall von Komieniza.
Von den österreichisch-ungarischen Truppen hatten galizische Bataillone die steilen
Höhenstellungen des Bustkiberges angegriffen und erstürmt und ungarische Truppen
in heißem Kampfe die Wiatrowkahöhen genommen. Preußische Garderegimenter
warfen den Feind aus den Höhenstellungen östlich der Biala und stürmten bei
Staßkowka sieben hintereinander gelegene, erbittert verteidigte russische Linien.
Entweder von den Russen angesteckt oder von einer Granate getroffen, entzündete
sich die hinter Gorlice gelegene große Naphtaquelle. Haushoch schlugen die
Flammen aus der Tiefe, und eine Rauchsäule von mehreren hundert Metern
stieg zum Himmel. Am Abend des 2. Mai, als die heiße Frühlingssonne all-
mählich einer kühlen Nacht zu weichen begann, war die erste Hauptstellung ihrer
ganzen Länge und Tiefe nach in einer Ausdehnung von 16 Kilometern durch-
brochen und ein Geländegewinn von durchschnittlich vier Kilometern erzielt.
Mindestens 20000 Gefangene, mehrere Dutzend Geschütze und etwa 50 Maschinen-
gewehre blieben in der Hand der verbündeten Truppen, die im Kampfe um die
Siegespalme gewetteifert hatten. Außerdem wurde noch eine unübersehbare Menge
von Kriegsmaterial aller Art erbeutet, darunter große Mengen von Gewehren
und Munition.
124.
Der Durchbruch bei Przasnysz und Zielona.
13.—15. Juli 1915.
Quelle: Amtliche Darstellung des Großen Hauptgquartiers
vom 31. Juli 1915.
Fundort: Der Weltkrieg. Illustrierte Kriegschronik des „Daheim“ 10. Bielefeld und Leipzig 1914 ff. S. 6 und 7.
Von der Pilica bis zum baltischen Ostseerande rückten die unter dem Ober-
befehl des Feldmarschalls von Hindenburg stehenden Truppen wiederum kräftig
vor. Im Rahmen dieser großen Offensive erhielt der General der Artillerie
von Gallwitz den Auftrag, mit den Truppen, die unter seiner Leitung seit Monaten
die Wacht an der Südgrenze West= und Ostpreußens gehalten hatten, und einigen
Verstärkungen die feindliche Stellung zu durchtoßen. Die Aufgabe mußte als
außerordentlich schwer erscheinen, hatten die Russen doch die Zeit der Ruhe aus-
genutzt, um ein Netz von günstig gelegenen und sehr stark befestigten Stellungen
zwischen ihrer vordersten Linie und den Narewfestungen auszubreiten. Wer jetzt
diese teils erstürmten, teils einfach verlassenen Befestigungswerke durchschreitet,
der staunt immer von neuem über das Maß der aufgewandten Arbeit und tech-
nischen Sauberkeit. Meilenweit ziehen sich — in einer Tiefe von nur 15—20 km
— drei, vier, ja fünf Systeme von Schützengräben hintereinander hin, Schützen-
gräben von einer Tiefe und Stärke, wie sie erst der hartnäckige Stellungskrieg
geschaffen hat. Hunderttausende dicker Baumstämme sind da hineingearbeitet;
Millionen von Sandsäcken liegen auf den Brustwehren und türmen sich zu breiten
Seitenwehren. Stellenweise sind bombensichere Unterstände und Pferdeställe tief
1) Weiterhin als Kriegsdaheim bezeichnet.