Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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in die Erde eingebaut. Überall stehen dichte Drahthindernisse vor der Front, oft 
versenkt und in zwei bis drei Reihen hintereinander. Vorspringende Bastionen, 
bequeme und sichere Beobachtungsstände leiten zum Festungscharakter über. Das 
Gelände ist stark hügelig, hier und da bergig mit weit überragenden Höhen und 
steilen Abhängen. Von den zahlreichen Wäldern haben die Russen einen erheblichen 
Teil niedergelegt, um freiere Übersicht und weiteres Schußfeld zu erhalten. Eine 
solche Front in ganzer Breite frontal anzugreifen, ist unmöglich. Eine Umfassung 
des Gegners war ausgeschlossen, da sich die deutschen und die russischen Linien 
ununterbrochen nahe gegenüberlagen. 
General von Gallwitz entschloß sich zum Durchbruch an zwei Stellen, die so 
nahe aneinanderliegen, daß die hier gelingenden Vorstöße ihre Wirkung sofort auf 
das Mittelstück und weiter auch nach rechts und links ausüben mußten. Als An— 
griffspunkte wählte er die vorspringenden Winkel der russischen vordersten Stellung 
nordwestlich und nordöstlich von Przasznysz. Diese vielumstrittene Stadt, deren 
Umgebung solche Mengen russischen und deutschen Blutes getrunken hat, und die 
selbst dabei zum Trümmerhaufen geworden ist, hatten die Russen durch einen 
Gürtel von starken Feldwerken zu einer Festung ausgebaut. Sie sollte diesmal 
gar nicht angegriffen werden, sondern als Siegespreis den zur Rechten und zur 
Linken stürmenden Truppen in den Schoß fallen. Dieser Plan ist in vollem Um— 
fang geglückt: Wie die Schneiden einer gewaltigen Kneifzange durchbrachen die 
tapferen deutschen Truppen die feindliche Linie zu beiden Seiten von Przasnysz 
und schlossen sich unaufhaltsam jenseit der Stadt zusammen 
Der Morgen des 13. Juli weckte die Russen unsanft aus ihrem Sicherheits- 
gefühle. Die Sonne war kaum aufgegangen, als aus Hunderten von Feuer- 
schlünden die Geschosse leichten, schweren und schwersten Kalibers auf die russischen 
Stellungen herniedersausten. Es war eine Kanonade, die schon auf die deutschen 
Truppen einen tiefen Eindruck machte, die russischen aber völlig um die Be- 
sinnung brachte. Trotz des unklaren regnerischen Wetters schoß unsere Artillerie 
ausgezeichnet. Den Schützen in so starken Feldstellungen ist ja nur durch Voll- 
treffer größerer Kaliber beizukommen. Hageldicht schlugen diese kurz vor und 
hinter den russischen Linien ein, oft genug auch unmittelbar in die Deckungen. 
Wurde dadurch auch nur ein kleiner Teil der Feinde getötet, so war die moralische 
Wirkung um so gewaltiger. Gefangene haben erzählt, daß in diesem Höllenfeuer 
jeder Zusammenhalt in der Truppe aufhörte. Hieraus, wie aus der überraschenden 
Wirkung des ganzen Angriffes ist es zu erklären, daß unsere Infanterie bei der 
Erstürmung der ersten russischen Stellung wenig Aufenthalt und verhältnismäßig 
wenig Verluste hatte. Auf 8 Uhr morgens war für einen großen Teil der Truppen 
der Angriff festgesetzt, für einen anderen etwas später, und schon eine Viertel- 
stunde danach, stellenweise sogar vor der anberaumten Zeit, war der Erfolg ge- 
sichert. Die deutsche Infanterie ließ sich in ihrem frischen Vorwärtsdrang um so 
weniger aufhalten, als sie die gewaltige Wirkung des Artilleriefeuers erkannte und 
Scharen von waffenlosen Russen herankommen sah, die nur noch in der Gefangen- 
schaft Rettung vor den schrecklichen Granaten suchten .. Im Laufe des Vor- 
mittags brach die Sonne durch und beschien die siegesfroh vorwärtseilenden 
deutschen Truppen. Die zogen über die drohenden Höhen hinweg, die vor ihnen 
lagen, und ließen dem Feinde kaum irgendwo Zeit, sich in der starken zweiten 
Verteidigungslinie festzusetzen. So fielen manche sorgfältig vorbereiteten hervor- 
ragenden Stellungen fast ohne Kampf in unsere Hände. Am selben Tage noch 
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