Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Maaslinie. Für die östlich der Maas zum Vorstoß nach Nordosten bereitzustellenden 
Truppenmassen bot der Befestigungsring von Verdun in der Ausdehnung, wie er 
bis zum Februar 1916 bestand, ein vortreffliches Aufmarschgelände mit einem 
vorzüglich ausgestalteten Straßen- und Eisenbahnnetz, einer Menge geräumiger 
Kasernen, Lebensmittellager, kurz mit allen denjenigen Anlagen, welche zu einer 
Operationsbasis größten Stils gehören. Mit einem Worte: Verdun war das Aus- 
fallstor Frankreichs gegen Mitteldeutschland. 
Dieses Ausfalltor zu schließen, war uns bis zum Frühjahr 1916 unmöglich 
gewesen. Der Zweifrontenkrieg hatte wesentliche Teile unserer Streitkräfte auf 
dem russischen und auf dem Balkankriegsschauplatz gefesselt gehalten. Erst als diese 
Kräfte durch den zeitweiligen Abschluß des russischen und des Balkanfeldzuges frei- 
geworden waren, konnte an die Niederkämpfung Verduns herangegangen werden 
mit dem strategischen Ziele: die Ausfallspforte Frankreichs zunächst einmal von 
deutscher Seite aus zu verrammeln und im weiteren Verlaufe der Kriegshand- 
lungen sie nach Frankreich zu einzustoßen. 
130. 
Verdun und Somme. 
Quelle: Amtliche Darstellung aus dem Großen Hauptquartier. 
Fundort: Hannoverscher Kurier vom 25. August 1916 (Abendausgabe). Nr. 32630. 
Ein Vergleich der Schlacht an der Somme und der Kämpfe bei Verdun 
drängt sich auf. 
Bei Verdun sind wir die Angreifer; in der Picardie befinden wir uns in der 
Abwehr. Aber die Verteidigung Verduns, auf deren Hartnäckigkeit die Franzosen 
so stolz sind, und von der sie in aller Welt so viel Wesens zu machen verstehen, 
stützt sich auf den wuchtigen Rückhalt der stärksten Festung Frankreichs, ihren 
doppelten Fortgürtel und ein kunstvoll ausgebautes Verbindungsnetz von Feld- 
befestigungen. Schon das Angriffsgelände an sich bietet durch sein starkes An- 
steigen und die tiefen Einschnitte, die es durchziehen, die überragenden Kuppen, die 
es schützen, dem Angreifer ungleich viel höhere Schwierigkeiten, als die leicht ge- 
wellte Ebene der Picardie. Unseren Kämpfern an der Somme stand nur ein 
schmaler Gürtel von Schützengräben zur Verfügung, deren vorderste Linie, als sie 
dem Erdboden gleichgemacht war, von der ungeheuren feindlichen Übermacht nach 
siebentägigem Trommelfeuer im ersten Anlauf stellenweise überrannt und damit 
für die Verteidigung vielfach ausgeschaltet werden konnte. 
Was aber das Stärkeverhältnis anlangt, so ist es bekannt, daß bei Verdun 
die Franzosen uns in einer überlegenheit gegenüberstanden, die an Infanterie sich 
zu unserer Stärke wie 2:1 verhält. Dabei waren wir dort in der Rolle der An- 
greifer! An der Somme aber stellt sich das Zahlenverhältnis jedenfalls noch weit 
ungünstiger für uns. Und trotzdem ist der Geländegewinn unserer Feinde im 
ersten Monat ihrer Offensive noch nicht halb so groß als der unfrige im ersten 
Monat vor Verdun! (UÜbrigens mag darauf hingewiesen werden, daß der Gelände- 
gewinn, den die Franzosen erzielen konnten, fast doppelt so groß ist als derjenige 
der Engländer, während die Verluste der ersteren etwa halb so groß sind als die 
der letzteren.) « 
W. u. O. Heinze-Kinghorst, Quellenlesebuch. III. 1
	        
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