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Tisch erdacht; sie sind draußen im Trommelfeuer der Fronten geboren .. . Ge-
waltig sind die Eingriffe in das Wirtschaftsleben; aber sind sie nicht gering gegen
die Gewaltsamkeit dieses Krieges? (Sehr gut!) Die Möglichkeit des Zwanges
mußte vorgesehen werden. Die eherne Notwendigkeit verlangt eisernen Willen.
Die Möglichkeit des Zwanges soll den festen Boden geben, auf dem wir stehen
müssen, um hinter den kämpfenden Armeen organisch eine Armee der Arbeit auf-
zubauen. Gelingen aber kann das Werk nur, wenn es sich darstellt als das Er-
gebnis nicht des Zwanges, sondern der freien UÜberzeugung des ganzen Volkes
(Lebhafter Beifall), wenn Industrie und Landwirtschaft, Arbeiter und Unter-
nehmer und wenn vor allem ihre bewährten Organisationen (Lebhafter Beifall
links und im Zentrum) sich ihm freiwillig hingeben und widmen. Daß dies eintreten
wird, dürfen wir mit Zuversicht sagen; denn dafür bürgt uns der Sinn, mit dem
sich das ganze Volk auf den Krieg eingestellt hat; dafür bürgen uns die großen
Leistungen, die dieser Sinn bisher schon hervorgebracht hat. Der Geist, der alle
im Lande zu Beginn des Krieges beflügelt hat, mitzuwirken und mitzuhelfen, wo
es auch sei, dieser Geist wird aufs neue aufgerufen, und jeder von uns weiß,
daß er sich dem Rufe nicht versagen darf. (Beifall.)
Wenn draußen Hunderttausende in der Verteidigung des Vaterlandes dahin-
bluten, dann wird der Mann daheim nicht die letzten Opfer gebracht zu haben
meinen, wenn er tatenlos die Mühen erträgt, die der Kriegszustand mit sich
bringt. Da wird er es als seine Pflicht vor dem Vaterlande, vor den Kämpfern,
vor den gefallenen Helden betrachten, seine Kraft an den Platz zu setzen, wo sie
für den Kriegszweck am nützlichsten wirkt. Über die Einzelheiten des Gesetzes
mögen die Meinungen auseinandergehen; mag der eine dies verurteilen, der andere
jenes vermissen — aber dieses Gesetz, für die Kriegszeit geschaffen, soll doch ein
Zeugnis dafür sein, daß wir für allezeit festhalten wollen am Geist gegenseitigen
Vertrauens und gegenseitiger Hilfsbereitschaft, der uns in der schwersten Not
unseres Volkes zusammengeführt hat, und auf dem allein sich eine Zukunft auf-
bauen kann: Stark nach außen und frei nach innen.
Im Namen der verbündetem Regierungen bitte ich Sie, meine Herren:
Helfen Sie an dem Werke, das uns neue Kraft und damit dem Siege und dem
Frieden zuführen soll! (Lebhafter Beifall.)
136.
Das deutsche Friedensangebot und seine Ablehnung.
1. Quelle: Deutsche Note vom 12. Dezember 1916.
Fundort: Kriegsdaheim. Bd. 7. Anhang. S. 1.
Der furchtbarste Krieg, den die Geschichte je gesehen hat, wütet seit bald
zwei und einem halben Jahr in einem großen Teil der Welt. Diese Katastrophe,
die das Band einer gemeinsamen tausendjährigen Zivilisation nicht hat aufhalten
können, trifft die Menschheit in ihren wertvollsten Errungenschaften. Sie droht,
einen geistigen und materiellen Fortschritt, der den Stolz Europas zu Beginn des
20. Jahrhunderts bildete, in Trümmer zu legen.
Deutschland und seine Verbündeten Osterreich-Ungarn, Bulgarien und die
Türkei haben in diesem Kampfe ihre unüberwindliche Kraft erwiesen. Sie haben
über ihre an Zahl und Kriegsmaterial überlegenen Gegner gewaltige Erfolge er-