Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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werden könnten, Deutschland aber vernichtet Menschenleben, die unersetzlich sind. 
Nun, meine Herren, warum kamen bei den Engländern amerikanische Menschenleben 
nicht in Gefahr? Doch nur, weil sich die neutralen Länder und insonderheit 
Amerika freiwillig den Anordnungen Englands fügten, und weil England so der 
Notwendigkeit überhoben war, seinen Zweck durch Anwendung von Gewalt zu 
erreichen. Was wäre wohl geschehen, wenn die Amerikaner auf den ungehinderten 
Passagier= und Güterverkehr mit Hamburg und Bremen den gleichen Wert gelegt 
hätten, wie auf den mit London und Liverpool? Haätten sie es getan, meine 
Herren, so wären wir von dem peinlichen Eindruck befreit gewesen, daß nach 
amerikanischer Auffassung eine Unterwerfung unter englische Macht und Kontrolle 
mit dem Wesen der Neutralität vereinbar, eine Anerkennung deutscher Abwehr- 
maßregeln aber mit dieser Neutralität unvereinbar sei. 
Meine Herren, überblicken wir das Ganze in bezug auf unser Verhältnis zu 
Amerika: Der Abbruch der Beziehungen zu uns, die angestrebte Mobilisierung 
aller Neutralen gegen uns dienen nicht dem Schutze der von der Regierung der 
Vereinigten Staaten proklamierten Freiheit der Meere; sie fördern nicht den auch 
vom Präsidenten Wilson erstrebten Frieden; sie müssen vielmehr dazu führen, die 
Aushungerungspolitik Englands zu ermutigen und das Blutvergießen zu verviel- 
fachen. 
Wir beklagen den Bruch mit einem Volke, das nach seiner Geschichte dazu 
berufen schien, mit uns, nicht gegen uns für gemeinsame Ideale einzutreten. Nach 
dem aber unser ehrliches Friedensangebot nur dem Kriegshohn der Gegner be- 
gegnet ist, gibt es für uns kein Zurück mehr, sondern nur ein Vorwärts. 
140. 
Der große französische Durchbruchsversuch an der Aisne. 
16. April 1917. 
Quelle: Tagesbericht des Ersten Generalquartiermeisters 
vom 17. April 1917. 
Fundort: Hannoverscher Kurier vom 18. April 1917. (Morgenausgabe.) Nr. 33056. 
An der Aisne ist eine der größten Schlachten des gewaltigen Krieges und 
damit der Weltgeschichte im Gange. 
Seit dem 6. April hielt ununterbrochen die Feuervorbereitung mit Artillerie 
und Minenwerfern an, durch die die Franzosen in noch nie erreichter Dauer, 
Masse und Heftigkeit unsere Stellungen sturmreif, unsere Batterien kampfunfähig, 
unsere Truppen mürbe zu machen suchten. 
Am 16. April früh morgens setzte von Soupir an der Aisne bis Bétheny 
nördlich von Reims der auf einer Front von 40 Kilometern mit ungeheurer Wucht 
von starken Infanteriekräften geführte und durch Nachschub von Reserven genährte 
tief gegliederte französische Durchbruchsangriff ein. Am Nachmittag warf der 
Franzose neue Massen in den Kampf und führte starke Nebenangriffe gegen unsere 
Front zwischen Oise und Condé-sur-Aisne. 
Bei dem heutigen Feuerkampf, der die Stellungen einebnet und breite, tiefe 
Trichterfelder schafft, ist die starre Verteidigung nicht mehr möglich. Der Kampf 
geht nicht mehr um eine Linie, sondern um eine ganze tief gestaffelte Be- 
festigungszone. So wogt das Ringen um die vordersten Stellungen hin und her
	        
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