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unsere östlich der Düna stehenden Armeen, deckt Kurland und bedroht die Russen
durch die Freilegung des Weges nach Estland. Den englischen, unerfüllbar ge-
bliebenen Hoffnungen, sich in der Ostsee festzusetzen, hat die Eroberung Oesels die
letzte Stütze genommen.
Für das bei der verwickelten und andersartigen Befehlserteilung stets äußerst
schwierige Zusammenwirken von Heer und Flotte war die Unternehmung gegen
Oesel ein Schulbeispiel.
143.
Die zwölfte Isonzoschlacht.
24. Oktober 1917.
Quelle: Amtliche Darstellung aus dem Großen Hauptgquartier.
Jundort: Diepholzer Kreiszeitung. Jahrgang 1917. Nr. 271.
Elf Schlachten waren am Isonzo geschlagen. Ströme von Blut waren ge-
flossen. Geringer Geländegewinn war das mit ungeheuren Blutopfern erkaufte
Ergebnis für den Angreifer. Die zwölfte Schlacht sollte den tapferen Ver-
teidiger zu Boden werfen, sollte die letzte, die Entscheidungsschlacht werden zum
schnellen Siegeszuge nach Triest. Da rütteln Germanenfäuste an Italiens Grenz-
mauern. Gewaltige Schläge zerschmettern die Tore. In wenigen Stunden und
Tagen stürzt das Werk zweieinhalbjähriger Blutarbeit Italiens in Trümmer. Reste
einer vernichteten Armee fluten in die oberitalienische Tiefebene. Deutschland und
sein Bundesgenosse hetzen den Feind hinter den Tagliamento. In ehernen Strichen
zeichnet die Weltgeschichte das Weltgericht: die Züchtigung und den Zusammenbruch
des Verräters am Dreibund! Namen sieggewohnter Führer leuchteten auf:
General Otto von Below führt die deutsche 14. Armee über die Alpen; Krafft
von Delmensingen, der Schrecken Rumäniens am Roten Turmpaß, ist sein
Generalstabschef: Major Freiherr von Willisen ist sein tatkräftiger, unermüdlicher
erster Generalstabsoffizier. Angriffsfrohe Divisionen, Preußen, Bayern, Württem-
berger, folgen den bewährten Generalen von Stein und von Berrer, brave
österreichische Divisionen ihren Generalen von Krauß und von Scotti über die
schneebedeckten Gipfel der Julischen Alpgen
In den engen Räumen der Becken von Flitsch und Tolmein mußte die ver-
sammelte Armeet) zum Angriff aufmarschieren. In diese Becken mußte die Armee
vorgeschleust werden. Auf etwa 60 Kilometer langen, schmalen Paßstraßen mit
großen Steigungen galt es, teilweise eine ganze Anzahl Divisionen hintereinander
und je etwa die Hälfte der Angriffsartillerie und Minenwerfergruppen angesichts
der beherrschenden, weiten Uberblick gewährenden feindlichen Stellungen vor-
zudrücken. Trotz schlechten, ungünstigen Wetters vollzog sich der Durchmarsch ohne
Stocken und ohne Reibung
Für die Operationen wurde im Anschluß an den Südflügel der Heeresgruppe
Conrad in Gegend des Rombon-Gebietes die aus deutschen und österreichisch-
ungarischen Divisionen gebildete 14. Armee Below in Linie Flitsch—Tolmein
bereitgestellt. Der Nordflügel der anschließenden Isonzo-Armee (Heeresgruppe
Boroevic) hatte sich dem Angriff mit starkem rechten Flügel südlich Selo an-
1) Die Versammlung und Ausrüstung war im Becken von Krainberg nördlich von
den Karawanken erfolgt.