21.
Die Verfassung Preußens.
1850.
Quelle: Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat
vom 31. Januar 1850.
Fundort: Karl Pannier, Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat. 5. Aufl. Leipzig o. J.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw., tun
kund und fügen zu wissen, daß wir, nachdem die von uns unterm 5. Dezember
1848 vorbehaltlich der Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung ver-
kündigte und von beiden Kammern unseres Königreiches anerkannte Verfassung
des preußischen Staates der darin angeordneten Revision unterworfen ist, die Ver-
fassung in Übereinstimmung mit den beiden Kammern endgültig festgestellt haben.
Wir verkünden sie demnach als Staatsgrundgesetz, wie folgt:
Titel I. Vom Staatsgebiete.
Art. 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Umfange
bilden das preußische Staatsgebiet.
Art. 2. Die Grenzen dieses Staatsgebietes können nur durch ein Gesetz ver-
ändert werden.
Titel II. Von den Rechten der Preußen.
Art. 4. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden
nicht statt. Die öffentlichen Amter sind unter Einhaltung der von den Gesetzen
festgestellten Bedingungen für alle dazu Befähigten gleich zugänglich.
Art. 5. Die persönliche Freiheit ist gewährleistte .
Art. 6. Die Wohnung ist unverletzlich
Art. 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Art. 9. Das Eigentum ist unverletzlich
Art. 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von Staatswegen nur in bezug
auf die Wehrpflicht beschränkt werden.
Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu
Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religions=
übung wird gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein
Abbruch geschehen.
Art. 14. Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des
Staates, welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen, unbeschadet
der im Art. 12 gewährleisteten Religionsfreiheit zugrunde gelegt.
Art. 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art. 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen ge-
nügend gesorgt werden.
Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen
nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vor-
geschrieben ist.
Art. 22. Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu
leiten, steht jedem frei, wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und technische Be-
fähigung den betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat.