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Jetzt war es zwei Uhr, und mit geschärftem Blick spähten wir nach den
ersten schwarzen Punkten, die sich auf dem klaren Seespiegel zeigen würden, —
da blitzte es auf; nur sichtbar, nicht hörbar waren ein paar Schuß gefallen und
zwar, wie es scheint, irrtümlich von unserer Seite herüber. Alsbald sprühten die
Funken am jenseitigen Ufer, bald an dieser, bald an jener Stelle; dann leuchtete
es hoch auf, und der dumpfe Knall verkündete, daß die bereit gehaltenen Ge—
schütze der nächsten Strandbatterien ihre Kartätschenladung gegen unsere ver—
wegenen Argonauten ausschütteten. Wirklich sind sie zu hoch gegangen, und nur
ein Kahn ist umgeschlagen, die Mannschaft aber, wenigstens zum großen Teil, von
den nächsten Booten gerettet. «
Die braven Pontoniere, selbst wehrlos und eben erst von der Oder und Elbe
angelangt, ruderten unaufhaltsam weiter; die Infanterie aber nahm das Feuer
auf, und wenn auch manche Patrone ihr Ziel verfehlt haben mag, so rückte die
Feuerlinie doch unaufhaltsam weiter.
Das war nicht anders zu erwarten, da Führer wie General Manstein und
Röder in den vordersten Kähnen standen.
Das Ufer war erreicht; daran war nicht zu zweifeln; aber nun mußten die
Fahrzeuge zurück; sie konnten auf dem Wege den endlich wach gewordenen feind-
lichen Schiffen begegnen. Die Gelandeten waren vorerst auf sich selbst angewiesen;
was stand ihnen augenblicklich entgegen? Hell waren die Fanale aufgeflammt und
leuchteten von Höhe zu Höhe bis Augustenburg und Norburg hin. Hatten die
Dänen ein paar geschlossene Bataillone hinter der Fohlenkoppel schon versammelt?
Das Blitzen des Gewehrfeuers im Walde zeigte, daß unsere Märker dort schon
kämpften; aber ob unser oder des Gegners Feuer vorwärts rückte oder zurückging,
war nicht zu unterscheiden. Es war ein Moment atemloser Spannung. In-
zwischen hatten alle dänischen Strandbatterien ihr Feuer eröffnet. Auf unserer
Seite waren deren neun in der Nacht zuvor erbaut und in dieser armiert. Die
Artilleristen standen seit ein Uhr schußfertig und blieben ihnen nichts schuldig.
Der Donner der Geschütze, auf unserer Seite allein 62, ist in Kiel deutlich gehört
worden. Nach rechts von uns feuerte die große Sonderburger Schloßbatterie aus
acht Stück Vierundachtzigpfündern und zwei gezogenen Piecen gegen eine Vier-
undzwanzigpfünderbatterie auf dem Mühlenberge. Aber all dieser Lärm entschied
nichts; die ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf die Halbinsel Arnkiel.
Dort sprühten nun die kleinen Funken immer weiter nach Osten; der weiße
Rauch zeigte sich bereits am südlichen Rand des Waldes Fohlenkoppel, und die
schwarzen Punkte bewegten sich langsam wieder gegen die Halbinsel zu. Es war
kein Zweifel mehr; man hatte festen Fuß gefaßt. Der Däne hatte sich abermals
überraschen lassen. Daß wir nach Alsen wollten, daß schon am 27. 160 flache Boote
von Rothekrug durch Apenrade passiert, war ihm von seinen zahlreichen Spionen
unzweifelhaft gemeldet; aber, wie es scheint, nahm man an, daß dieser Sturm
zu Wasser, wie der zu Lande durch mehrtägige Beschießung werde vorbereitet
werden müssen. Das Oberkommando hatte ja auch am 30. die Auswechselung
von Gefangenen am Brückenkopf von Sonderburg vorgeschlagen
Von Schnabeckshage war die Überfahrt fast ungehindert und trotz des
weiteren Weges am ersten bewirkt worden, obwohl durch die Schiffe in der
Augustenburger Föhrde augenscheinlich gefährdet. Legten diese sich zwischen unsere
gelandeten Truppen und unsere Batterien, so konnten letztere nicht schießen.