Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

Dampfer mit Schleppschiffen bewegten sich an der Küste nach den in größerer 
Entfernung ankernden Kriegsschiffen. Die Räumung der Insel hatte bereits be- 
gonnen. Aber alle Blicke wurden noch einmal gegen Norden gewendet, als aber- 
mals „Rolf Krake“ seine Stimme erhob. Es sah stolz aus, wie der gepanzerte 
Riese, tief im Wasser versenkt, mit Anspannung aller seiner Dampfkraft aus der 
Föhrde hervorschoß, rechts und links seinen Gruß sendend, an der Landspitze von 
Arnkiel vorbeisteuernd. Einen Augenblick fürchteten wir, ihn nun links drehen zu 
sehen, wo unsere Boote in ununterbrochener Folge noch Feldgeschütz, Munition 
und Ambulanzen überführten. Er zog es aber doch vor, das Freie zu suchen, 
und dampfte nördlich hinaus in tunlichster Entfernung der unterhalb ausgestellten 
Batterie, deren zwölf= und vierundzwanzigpfündigen Geschosse laut klappernd gegen 
seine Rippen schlugen. 
Aber so ein Monitor ist ein dickfelliger Bursche. Um 10 Uhr ist er noch 
einmal zurückgekehrt und hat zwei in der Sandwigs-Bucht liegende Kanonenboote 
herausgeholt, indem er sie mit seinem unverwundbaren Leibe deckte. Dort ist das 
Fahrwasser sehr breit und gestattet, dicht am Alsener Ufer zu bleiben. In die 
Augustenburger Föhrde wagte sich „Rolf“ dagegen nicht wieder, und was da an 
Schiffen lag, war nun rettungslos verloren. 
Zwischen sieben und acht Uhr erfolgte in dieser Richtung eine furchtbare 
Detonation, die mich augenblicklich und unwillkürlich an das Auffliegen eines 
großen Munitionsparkes am Euphrat erinnerte. Eine riesenhafte, schneeweiße Dampf= 
wolke erhob sich in die blaue Luft. Nach dem Berichte des Marineministeriums 
in Kopenhagen sind es zwei Kanonenboote gewesen, die, von der Bemannung ver- 
lassen, um nicht in unsere Hände zu fallen, ihre Pulverkammern angesteckt hatten. 
Um acht Uhr war Sonderburg von unseren Westfalen erreicht. Wir schifften 
sogleich hinüber, und der Prinz telegraphierte auf dem dänischen Kabel nach 
Karlsbad, daß Alsen genommen. 
Zwar hatten wir die Handpferde schon nach dem Brückenkopf herangezogen; 
aber es war nicht möglich, sie über den Sund zu bringen, und wir erstiegen durch 
die ganz verödete Stadt zunächst die große Batterie. Dort standen die ungeheuren 
Vierundachtzigpfünder vernagelt; mit Kreide hatte die dritte Kompagnie 55. Regi- 
ments sich an die Lafetten geschrieben. Munition, Tornister, Mäntel, Brieftaschen 
lagen rings umher, und vor allem hatte Hannemannt) sich seiner Holzschuhe 
entledigt, die allerdings einer behendigen Bewegung lästige Fesseln sind 
Hinter der Batterie war das Erdreich aufgepflügt von unseren Vierundzwanzig- 
pfündern. Die Batterie, vor und hinter welcher das Terrain gleich abfällt, war 
sehr schwer zu treffen und unversehrt geblieben, aber weiter rückwärts lagen 
Dänen, die von den Sprengstücken schrecklich verwundet waren; unsere Kranken- 
wärter waren schon dabei, diesen meist Sterbenden zu helfen. 
Für den Prinzen Friedrich Karl wurde ein Ordonnanzpferd gefunden. Prinz 
Albrecht, General Graberg, Oberst Mertens, Major Kleist und ich erwischten einen 
Leiterwagen und eilten nach Wollerup, wo nun die Brigade Röder haltgemacht 
hatte, um Atem zu schöpfen, nachdem dort eine Menge Gefangene und Material 
erbeutet war. Wir fuhren dann weiter nach Hörup, wo wir General Wintzige- 
rode fanden, von dessen Division einige Bataillone zur weiteren Verfolgung vor- 
geschoben waren. 
1) Volkstümliche Bezeichnung des dänischen Soldaten.
	        
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