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Die Erwägungen, welche in jenen entscheidenden Tagen in Nikolsburg im
Rate Sr. Majestät des Königs auf die große Frage über Krieg und Frieden
bestimmend einwirkten, haben hier nur flüchtig und in ihren allgemeinsten Um-
rissen angedeutet werden können. Ihre rückhaltlose Darlegung muß der künftigen
Geschichtschreibung vorbehalten bleiben.
Die Entscheidung Sr. Majestät fiel für den Frieden aus.
Die Präliminarien wurden am 26. Juli unterzeichnet und die Ratifikationen
am 28. ausgetauscht.
Der Entschluß des Königs wurde freudig begrüßt von einer Armee und
einem Volke, welche mitten im Lauf eines glücklichen und ruhmreichen Krieges
nicht verlernt hatten, die Segnungen des Friedens zu schätzen.
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Der Friede zu Prag.
23. August 1866.
Quelle: Der Friedensvertrag vom 23. August 1866.
Fundort: Aegidi und Klauhold a. a. O. Bd. 11. Nr. 2368.
Im Namen der allerheiligsten und unteilbaren Dreieinigkeit!
Seine Majestät der König von Preußen und Seine Majestät der Kaiser von
OÖsterreich, beseelt von dem Wunsche, ihren Ländern die Wohltaten des Friedens
wiederzugeben, haben beschlossen, die zu Nikolsburg am 26. Juli 1866 unter-
zeichneten Präliminarien in einen definitiven Friedensvertrag umzugestalten
Art. 2. Behufs Ausführung des Art. 6 der in Nikolsburg am 26. Juli
dieses Jahres abgeschlossenen Friedenspräliminarien1), und nachdem Se. Maojestät
der Kaiser der Franzosen durch seinen bei Sr. Majestät dem Könige von Preußen
beglaubigten Botschafter amtlich zu Nikolsburg am 29. Juli ejuscem hat erklären
lassen: „qu'en ce qui concerne le Gouvernement de I’Empereur, la Vénétie est
acquise à ’Italie pour lui étre remise à la paix“, — tritt Se. Majestät der
Kaiser von Osterreich dieser Erklärung auch seinerseits bei und gibt seine Zu-
stimmung zu der Vereinigung des lombardo-venetianischen Königreichs mit dem
Königreich Italien ohne andere lästige Bedingung als die Liquidierung der Schulden,
die, als auf den abgetretenen Landesteilen haftend, werden anerkannt werden in
Übereinstimmung mit dem Vorgange des Traktats von Zürich#). »
Art. 4. Seine Majestät der Kaiser von Osterreich erkennt die Auflösung des
bisherigen Deutschen Bundes an und gibt seine Zustimmung zu einer neuen Ge-
staltung Deutschlands ohne Beteiligung des österreichischen Kaiserstaates. Ebenso
verspricht Se. Majestät, das engere Bundesverhältnis anzuerkennen, das Se.
Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen
wird, und erklärt sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie ge-
legenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale
2) Der Artikel 6 lautet: Se. Majestät der König von Preußen macht sich anheischig,
die Zustimmung seines Verbündeten, Sr. Majestät des Königs von Italien, zu den
Friedenspräliminarien und zu dem auf dieselben begründeten Waffenstillstand zu be-
schaffen, sobald das Venetianische Königreich durch Erklärung Sr. Majestät des Kaisers
der Franzosen zur Disposition Sr. Majestät des Königs von Italien gestellt wird.
(Aegidi u. Klauhold, Bd. 11, Nr. 2364.)
2) Von 1859.