Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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fürstentums Hessen und des Herzogtums Nassau, sowie die freie Stadt Frankfurt 
haben sich durch ihre Teilnahme an dem feindlichen Verhalten des ehemaligen 
Bundestages in offenen Kriegszustand mit Preußen versetzt. Sie haben sowohl 
die Neutralität, als das von Preußen unter dem Versprechen der Garantie ihres 
Territorial-Bestandes ihnen wiederholt und noch in letzter Stunde angebotene 
Bündnis abgelehnt, haben an dem Kriege Osterreichs mit Preußen tätigen Anteil 
genommen und die Entscheidung des Krieges über sich und ihre Länder angerufen. 
Diese Entscheidung ist nach Gottes Ratschluß gegen sie ausgefallen. Die 
politische Notwendigkeit zwingt uns, ihnen die Regierungsgewalt, deren sie durch 
das siegreiche Vordringen unserer Heere entkleidet sind, nicht wieder zu übertragen. 
Die genannten Länder würden, falls sie ihre Selbständigkeit bewahrten, ver- 
möge ihrer geographischen Lage bei einer feindseligen oder auch nur zweifel- 
haften?' Stellung ihrer Regierungen der preußischen Politik und militärischen 
Aktion Schwierigkeiten und Hemmnisse bereiten können, welche weit über das 
Maß ihrer tatsächlichen Macht und Bedeutung hinausgingen. Nicht in dem Ver- 
langen nach Ländererwerb, sondern in der Pflicht, unsere ererbten Staaten vor 
wiederkehrender Gefahr zu schützen, der nationalen Neugestaltung Deutschlands 
eine breitere und festere Grundlage zu geben, liegt für uns die Nötigung, das 
Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau und die 
freie Stadt Frankfurt auf immer mit unserer Monarchie zu vereinigen. 
Wohl wissen wir, daß nur ein Teil der Bevölkerung jener Staaten mit uns 
die Überzeugung von dieser Notwendigkeit teilt. Wir achten und ehren die Ge- 
fühle der Treue und Anhänglichkeit, welche die Bewohner derselben an ihre bis- 
herigen Fürstenhäuser und an ihre selbständigen politischen Einrichtungen knüpfen. 
Allein wir vertrauen, daß die lebendige Beteiligung an der fortschreitenden Ent- 
wicklung des nationalen Gemeinwesens in Verbindung mit einer schonenden Be- 
handlung berechtigter Eigentümlichkeiten den unvermeidlichen Übergang in die 
neue, größere Gemeinschaft erleichtern werde. 
Die beiden Häuser des Landtages fordern wir auf, die zur beakbsichtigten 
Vereinigung erforderliche verfassungsmäßige Einwilligung zu erteilen, und lassen 
ihnen zu diesem Behufe den beikommenden Gesetzentwurf zugehen. 
Gegeben Berlin den 16. August 1866. Wilhelm. 
2. Quelle: Proklamation an die Einwohner des vormaligen Königreichs 
Hannover vom 3. Oktober 1866.1) 
Fundort: Aegidi und Klauhold a. a. O. Bd. 11. Nr. 2404. 
Durch das Patent, welches ich heute vollzogen habe, vereinige ich Euch, Ein- 
wohner des hannoverschen Landes ..,, mit meinen Untertanen, Euren Nachbarn 
und deutschen Brüdern. 
Durch die Entscheidung des Krieges und durch die Neugestaltung des gemein- 
samen deutschen Vaterlandes nunmehr von einem Fürstenhause getrennt, dem Ihr 
mit treuer Ergebenheit angehangen, tretet ihr jetzt in den Verband des Nachbar- 
landes, dessen Bevölkerung Euch durch Stammesgemeinschaft, durch Sprache und 
Sitte verwandt und durch Gemeinsamkeit der Interessen befreundet ist. 
  
14).Die Proklamationen an die Bewohner von Kurhessen, Nassau und Frankfurt am 
Main wurden gleichfalls unter dem 3. Oktober erlassen. Sie stimmen mit der hierher 
gesetzten fast wörtlich überein.
	        
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