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Wenn nichtsdestoweniger Kriegsdrohung und Kriegsgefahr den verbündeten
Regierungen die Pflicht auferlegt haben, Sie zu einer außerordentlichen Session
zu berufen, so wird in Ihnen wie in uns die Überzeugung lebendig sein, daß der
Norddeutsche Bund die deutsche Volkskraft nicht zur Gefährdung, sondern zu einer
starken Stütze des allgemeinen Friedens auszubilden bemüht war, und daß, wenn
wir gegenwärtig diese Volkskraft zum Schutze unserer Unabhängigkeit aufrufen,
wir dem Gebote der Ehre und der Pflicht gehorchen.
Die spanische Thronkandidatur eines deutschen Prinzen, deren Aufstellung und
Beseitigung die verbündeten Regierungen gleich fern standen, und die für den
Norddeutschen Bund nur insofern von Interesse war, als die Regierung jener uns
befreundeten Nation daran die Hoffnung zu knüpfen schien, einem vielgeprüften
Lande die Bürgschaften einer geordneten und friedliebenden Regierung zu ge-
winnen, hat dem Gouvernement des Kaisers der Franzosen den Vorwand ge-
boten, in einer dem diplomatischen Verkehr seit langer Zeit unbekannten Weise
den Kriegsfall zu stellen und diesen auch nach Beseitigung jenes Vorwandes mit
jener Geringschätzung des Anrechtes der Völker auf die Segnungen des Friedens
festzuhalten, von der die Geschichte früherer Beherrscher Frankreichs analoge Bei-
spiele bietet.
Hat Deutschland derartige Vergewaltigungen seines Rechtes und seiner Ehre
in früheren Jahrhunderten schweigend ertragen, so ertrug es sie nur, weil es in
seiner Zerrissenheit nicht wußte, wie stark es war. Heute, wo das Band geistiger
und rechtlicher Einigung, das die Befreiungskriege zu knüpfen begannen, die
deutschen Stämme je länger desto inniger verbindet; heute, wo Deutschlands
Rüstung dem Feinde keine Offnung mehr bietet, trägt Deutschland in sich selbst
den Willen und die Kraft der Abwehr erneuter französischer Gewalttat.
Es ist keine Überhebung, die mir diese Worte in den Mund legt. Die ver-
bündeten Regierungen wie ich selbst, wir handeln in dem vollen Bewußtsein, daß
Sieg und Niederlage in den Händen des Lenkers der Schlachten ruhen. Wir
haben mit klarem Blicke die Verantwortlichkeit ermessen, die vor den Gerichten
Gottes und der Menschen den trifft, der zwei große friedliebende Völker im
Herzen Europas zu verheerenden Kriegen treibt.
Das deutsche wie das französische Volk, beide die Segnungen christlicher Ge-
sittung und steigenden Wohlstandes gleichmäßig genießend und begehrend, sind zu
einem heilsameren Wettkampfe berufen als zu dem blutigen der Waffen.
Doch die Machthaber Frankreichs haben es verstanden, das wohlberechtigte,
aber reizbare Selbstgefühl unseres großen Nachbarvolkes durch berechnete Miß-
leitung für persönliche Interessen und Leidenschaften auszubeuten.
Je mehr die verbündeten Regierungen sich bewußt sind, alles, was Ehre und
Würde gestatten, getan zu haben, um Europa die Segnungen des Friedens zu be-
wahren, und je unzweideutiger es vor aller Augen liegt, daß man uns das
Schwert in die Hand gezwungen hat, mit um so größerer Zuversicht wenden wir
uns, gestützt auf den einmütigen Willen der sdeutschen Regierungen des Südens
wie des Nordens, an die Vaterlandsliebe und Opferfreudigkeit des deutschen Volkes
mit dem Aufrufe der Verteidigung seiner Ehre und seiner Unabhängigkeit. Wir
werden nach dem Beispiele unserer Väter für unsere Freiheit und für unser Recht
gegen die Gewalttat fremder Eroberer kämpfen, und in diesem Kampf, in dem
wir kein anderes Ziel verfolgen, als den Frieden Europas dauernd zu sichern,
wird Gott mit uns sein, wie er mit unseren Vätern war.