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den Niederwald vor. Um 212 Uhr wurde der Nordsaum erreicht, wo sich der
linke Flügel des V. Korps anschloß. Das brennende Elsaßhausen wurde erstürmt
und auch das lebhaft verteidigte kleine Gehölz südlich von Fröschweiler genommen.
Auf engem Raume zusammengedrängt, war so die Lage des französischen
Heeres eine ußerst gefährliche geworden. Zwar hielt sein linker Flügel noch
stand gegen die jetzt zu erneutem Angriff vorgeschrittenen Bayern; aber in Front
und rechter Flanke sah es sich aus nächster Nähe bedrängt und selbst seinen Rück-
zug ernstlich bedroht. Marschall Mac Mahon suchte daher durch einen kräftigen
Gegenstoß sich nach Süden Luft zu machen. Diesem mußten die östlich von Elsaß-
hausen stehenden, beim heftigen Kampf in Verwirrung geratenen Abteilungen weichen;
sie wurden zum Teil bis in den Niederwald gedrängt, aber schnell wieder gesammelt
und vorgeführt. Noch versuchte auch hier die französische Kavallerie das Schicksal
des Tages zu wenden. Trotz der sehr ungünstigen Bodenverhältnisse warf sich die
Division Bonnemains auf die nicht gedeckt stehenden Gegner, erlitt furchtbare Ver-
luste und stob, ohne zum eigentlichen Einhauen gekommen zu sein, auseinander.
Von Süden rückten jetzt noch die Württemberger, von Norden die Bayern
heran. General von Bose, obwohl zweimal verwundet, führte, was er von seinen
Abteilungen sammeln konnte, zum Sturm auf das brennende Fröschweiler, den
letzten Stützpunkt des Gegners, vor. Die Artillerie rückte auf Kartätschenschußweite
heran und bahnte der nun von allen Seiten eindringenden Infanterie den Weg.
Nach einem bis aufs äußerste fortgesetzten tapferen Widerstand gingen endlich
5 Uhr die Franzosen in Auflösung gegen Reichshofen und Niederbronn zurück.
Der Falkenstein-Bach und die inzwischen dort eingetroffene Division Lespart
gewährten eine erste Aufnahme; aber diese frische Abteilung leistete nur kurzen
Widerstand und wurde in den allgemeinen Rückzug mit fortgerissen.
Der Sieg der III. Armee war teuer erkauft durch den Verlust von 489
Offizieren und 10000 Mann. Die Einbuße der Franzosen ist nicht genauer
bekannt; aber allein an Gefangenen ließen sie 200 Offiziere und 9000 Mann
zurückl). 33 Geschütze und 2000 Beutepferde fielen in die Hände der Deutschen.
Die innere Auflösung der französischen Armee muß so groß gewesen sein,
daß sie unlenksam geworden war. Denn nur eine Brigade der Division Lespart
schlug den Weg über Bitsch zur französischen Hauptarmee bei St. Avold ein;
alles übrige, dem einmal gegebenen Anstoß folgend, wälzte sich unaufhaltsam in
südwestlicher Richtung auf Zabern zurück.
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Der Triumphzug und der Tränenzug.
Am Abend der Schlacht bei Wörth (6. August 1870).
Quelle: Karl Klein2), Fröschweiler Chronik. 29. Aufl. München 1912.
S. 145—148.
Während das siegreiche Heer teils in geschlossenen Kolonnen vorüberflutete,
teils in aufgelösten Haufen das eroberte Dorf Fröschweiler ausplünderte, erscholl
plötzlich von Wörth herauf ein unbeschreibliches Getöse. Es mußte wieder etwas
1) Seitdem ist festgestellt, daß die Einbuße der Franzosen betrug: 10000 Tote und
Verwundete, 6000 unverwundete Gefangene und 8000 Versprengte.
22) Der evangelische Pfarrer Karl Klein (1838—1898), von 1867—1882 Geistlicher in
Fröschweiler, beschrieb kurz nach dem Kriege die Kriegs= und Friedensbilder, denen er in
den großen Tagen von 1870 und 1871 als Zuschauer beigewohnt hatte. Diese Fröschweiler