Full text: Die Stellung des deutschen Kaisers

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Der Kaiser beaufsichtigt bezw. leitet das gesamte Zoll-, 
Steuer-, Post-, Telegraphen-, Konsulat- und Heerwesen des 
Reiches. Ist es da nicht nur natürlich, wenn wir ihn — 
und zwar in erster Linie — als dazu berufen ansehen, 
bei Gesetzen, die mit den genannten Materien in Zusammen- 
hang stehen, die Initiative zu ergreifen? Der Leiter einer 
Anstalt etc. ist erfahrungsgemäss und aus naheliegenden 
Gründen stets am besten darüber orientiert, woran es dem 
Unternehmen mangelt und was ihm erspriesslich wäre. 
Er ist vor allen geeignet, erforderlichen Falls Vorschläge 
zur Abstellung von vorhandenen Mängeln zu machen. 
Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass auf gewissen 
Gebieten der Kaiser vernünftigerweise nicht nur ein Recht 
zur Initiative neben Bundesrat und Reichstag haben muss, 
sondern dass die Reichsverfassung in einigen Fällen die 
Initiative sogar als ausschliesslich vom Kaiser auszuüben 
vorgesehen hat. Zunächst seien einige Fälle herangezogen, 
in denen ausserhalb der Gesetzgebung die R.-V. 
offenbar dem Kaiser das Recht der Initiative eingeräumt hat. 
So der Fall des Artikel 72 R.-V.: 
„Ueber die Verwendung aller Einnahmen des Reichs 
ist durch den Reichskanzler dem Bundesrate und dem 
Reichstage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen.“ 
Hier ist verbis directis ausgesprochen, dass der 
Reichskanzler, also der die Reichsregierung repräsen- 
tierende Minister des Kaisers, alljährlich an den Bundesrat 
und an den Reichstag heranzutreten hat, um Rechnung 
zu legen. Der Kaiser hat in diesem Falle also sogar die 
Pflicht der Initiative, wenn ich so sagen darf. 
Ferner ist es klar, dass die Initiative gegenüber 
Bundesrat und Reichstag vom Kaiser ausgehen muss, 
wenn es sich um die Ratifizierung eines Staatsvertrages 
gemäss Artikel 11 Absatz 3 der Reichsverfassung handelt. 
Denn daraus, dass der Kaiser nach Absatz 1 des genannten 
Artikels der eigentliche Kontrahent’) bei. Staatsverträgen 
I) 8. auch Riess, Die Mitwirkung der gesetzgebenden Körper- 
schaften bei Staatsverträgen nach deutschem Staatsrechte. Breslau 
1904 (Brie's Abhandlungen 10. Heft) S. 64 letzter Absatz. 
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