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Zweifel sein, dass der von den Gesetzgebungsfaktoren
zu genehmigende Etat, der Kostenvoranschlag für das
Geschäftsjahr des Reiches, vorher von der Reichsregierung
ausgearbeitet und sodann — gemäss dem genannten Artikel
der R.-V. — als Gesetzesvorlage an Bundesrat bezw.
Reichstag gebracht wird.
Schliesslich ist in Artikel 61 Absatz 2 ein Fall solcher
notwendiger kaiserlicher Initiative, wenn ich so sagen
darf, enthalten. Denn wenn dort gesagt wird:
„Nach gleichmässiger Durchführung der Kriegsorga-
nisation des deutschen Heeres wird ein umfassendes
Reichs-Militärgesetz dem Reichstage und dem Bundes-
rate zur verfassungsmässigen Beschlussfassung vorgelegt
werden“, so dürfte, zumal mit Rücksicht auf den früheren
Wortlaut dieser Bestimmung!) mit Sicherheit anzunehmen
sein, dass die hier erwähnte Vorlegung eines Reichs-
Militärgesetzes als vom Kaiser ausgehend, in Aussicht
genommen 'war. Und diese Annahme findet meines Er-
achtens eine Stütze in Art. 63 R.-V., der den Kaiser zum
obersten Kriegsherrn des Reiches macht. Es ist also
nur natürlich, wenn Art. 61, 2 dem Kaiser in Ansehung
des zu erlassenden Militärgesetzes die Initiative hat zu-
schreiben wollen. Zudem schliesst meines Erachtens die
von Seydel a. a. O. befehdete Voranstellung des Wortes
„Reichstag“ vor „Bundesrat“ jede andere Möglichkeit aus.
Denn während bei umgekehrter Reihenfolge denkbar wäre,
dass vielleicht Preussen, zumal seine Militärgesetzgebung
in Abs. 1 des Art. 61 implicite als Vorbild für die Reichs-
Militärgesetzgebung hingestellt wird, dies Gesetz einbringen
sollte oder vielleicht auch der dauernde Ausschuss des
Bundesrates für Landheer und Festungen, ist dies bei der
tatsächlich gewählten Fassung des Art. 61, 2 ausgeschlossen.
Dass andererseits die Reihenfolge der Worte „Reichstag“
und „Bundesrat“ riicht unbeabsichtigt ist, geht für mich
daraus hervor, dass, wie auch Seydel hervorhebt, sie aus
1) In der norddeutschen Verfassung hiess es: „wird das Bundes-
präsidium vorlegen“. Seydels Schluss, dass die Aufgabe des Wortes
„Bundespräsidium“ auch die Aufgabe des Sinnes der früheren Vor-
schrift bedeuten soll, halte ich noch für beweisbedürftig (Komm.S. 333).
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