Full text: Die Stellung des deutschen Kaisers

- 21 — 
Betrachtung erscheinen sie „mehr unter dem Gesichts- 
punkte der Pflicht“. Auch sei darauf hingewiesen, dass 
der Bundesrat entgegen der ursprünglichen Absicht des 
Gesetzgebers inzwischen zur ständigen Versammlung ge- 
worden ist. 
Des weiteren kommt eine Mitwirkung des Kaisers im 
Gesetzgebungsprozesse insofern in Betracht, als gemäss 
Art. 16 R.-V. „die Vorlagen des Bundesrates nach Mass- 
gabe der Beschlüsse des Bundesrates im Namen des 
Kaisers an den Reichstag gebracht werden“. 
Indessen fragt sich hierbei, ob der Reichskanzler, dem 
dies Geschäft als einzigem Minister des Reiches obliegt, 
zu der Uebermittelung einer jeden Vorlage des Bundes- 
rates an den Reichstag einer besonderen Ermächtigung 
bezw. Beauftragung seitens des Kaisers bedarf, oder ob 
dem Reichskanzler ein- für allemal durch die Reichsver- 
fassung mit der im Art. 16, wie gesagt, implicite ent- 
haltenen Verpflichtung zur Uebermittelung dieser Vorlagen 
gleichzeitig die Berechtigung zur Vornahme dieser Hand- 
lung „im Namen des Kaisers“ hat erteilt werden sollen, 
dergestalt etwa, dass der Kaiser mit der Ernennung zum 
Reichskanzler diesem den Auftrag, in jedem vorkommen- 
den Falle gemäss Art. 16 zu handeln, gibt. Laband') bei- 
spielsweise spricht sich für die erstgenannte Ansicht aus; 
ihm scheint dies infolge der ausdrücklichen Hervorhebung, 
dass die Vorlage im Namen des Kaisers gemacht werden 
soll, „als zutreffend angedeutet zu sein“. Und in der Tat 
ist diese Vorschrift auffallend. Es hätte wohl sicher näher 
gelegen, die Bestimmung des Art. 17 der Norddeutschen 
Bundesverfassung „das Präsidium hat zu bringen“ 
nicht durch eine Bezugnahme auf die Person des Kaisers, 
sondern auf .das Bundesratspräsidium zu ersetzen, oder 
aber, was bei der passivischen Fassung des jetzigen 
Art. 16 ohne weiteres möglich gewesen wäre, gänzlich zu 
unterlassen, eine Bestimmung darüber, wer die Ueber- 
mittelung der Vorlage vom Bundesrate an den Reichstag 
zu bewerkstelligen bezw. in wessen Namen sie zu erfolgen 
habe, ausdrücklich zu geben. Denn m.E. ist unverkenn-- 
)aa0.1I.S. 24. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.