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bar, dass durch den jetzigen Wortlaut des Artikels es
direkt herausgefordert wird, ein — zum mindestens bis
zu einem gewissen Grade — wesentliches Mitwirken des
Kaisers bei diesem Akte anzunehmen. Indessen kann
wohl die Fassung dieses Artikels allein nicht massgebend
für seine Auslegung sein, zumal sie ja, wie auch Laband
zugibt, nicht einen sicheren Schluss, sondern nur eine
Vermutung für eine erhebliche Mitwirkung des Kaisers
bei der Uebermittelung der in Rede stehenden Vorlagen
zu begründen vermag. Vielmehr ist Hänel’) beizustimmen,
der mit Recht dagegen geltend gemacht hat, dass, wenn wir
auf Grund des genannten Artikels es in die Hand des Kaisers
gestellt wissen wollten, ob er den Reichskanzler zu einer
Uebermittelung der Vorlagen des Bundesrates an den
Reichstag im einzelnen Falle veranlassen bezw. ermächtigen
will oder nicht, wir dadurch eine durch nichts begründete
Ungleichmässigkeit in der Behandlung von Bundesrats-
vorlagen an den Reichstag und Reichstagsvorlagen an den
Bundesrat annehmen würden. Denn es besteht keinerlei
Vorschrift, derzufolge Vorlagen der letzteren Art in betreff
ihrer Uebermittelung an den Bundesrat irgendwie von
einer Mitwirkung des Kaisers abhängig sind, vielmehr be-
sagen 88 69, 8 der revidierten Geschäftsordnung für den
Reichstag bezw. für den Bundesrat, dass der Reichstags-
präsident und der Reichskanzler diese Uebermittelung zu
besorgen haben. Die völlige Verfehltheit der Annahme,
dass durch Art. 16 R.-V. dem Kaiser die Möglichkeit eines
Vetos gegen die Weitergabe von Bundesratsbeschlüssen
an den Reichstag hat gegeben werden sollen, liegt also
auf der Hand.
Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass Bismarck
durch sein Verhalten unzweideutig zu erkennen gegeben
hat, dass auch er dieser Ansicht gewesen ist. Als am
4. April 1880 der Bundesratsbeschluss ergangen war, dass
Postquittungen u. a. steuerfrei sein sollten, reichte er seine
Entlassung ein, da er nicht die Verantwortung für diesen
Gesetzentwurf übernehmen könnte. Es dürfte keinem
1) a.a. 0.11. S. 43 ff.