— 11 —
zubringen. Denn ein eigener Priesterstand, wie er sich wenigstens
bei den baltischen Slaven entwickelt hat, scheint den Sorben ebenso
wie den andern slavischen Völkern der alten Zeit fremd zu sein!).
Die Opfer werden in Anwesenheit der Männer, Frauen und Kinder
einer Sippe, meist in dem befestigten Burgwalle, also auf Hügeln
und in Hainen auf mächtigen Opfersteinen dargebracht und bestehen
in der Schlachtung und Verbrennung von Tieren, besonders Rin—
dern und Schafen, wie auch in der Darbringung von Feldfrüchten.
Eine solche geweihte Stätte, einen uralten heiligen Wald in der
Merseburger Gegend, Zutibure genannt (richtiger Zuetibure —
tsch. svatobor, d. i. heiliger Hain und zwar Fichtenhain, wie
PN. Suetepulc bei Thietmar = Svatopluk), dessen Thietmar:)
gedenkt, läßt erst der Vorgänger dieses Bischofs wegschlagen, um
an seiner Stelle eine christliche Kirche zu errichten.
Der Boden, auf welchem der slavische Kultus erwächst, ist die
Natur. Man verehrt einen obersten Gott, den Schöpfer des Him-
mels und der Erde, den Urheber des allerfreuenden Lichtes und des
das Menschenherz erschütternden Gewitters. Das höchste Wesen in
seiner Eigenschaft als Donnergott heißt Perun, d. i. der Donner=
schlag, der Wetterstrahl, der aus der Höhe kommt; darum wird dem
Gotte gleich dem germanischen Donar auf Bergen geopfert, bei den
Sorben wahrscheinlich auf dem Sonnensteine bei Pirna, das von
ihm den Namen erhalten haben dürfte — Perunova gora. Die
Personifikation der reinen, heiteren Himmelsluft, des Windes und
Wetters ist der insbesondere bei den baltischen Slaven verehrte
Svantovit. Er ist der Sieg= und Segenspender, überschaut und
umfaßt das weite Weltall, weshalb er auch vierköpfig dargestellt
wird, und hat sein Hauptheiligtum, einen wundersam geschmückten
Tempel, auf dem einsamen Kreidefelsen von Arkona. Ob er bei den
Sorben, welche ihn Svatovit genannt haben müßtens), ebenfalls ver-
ehrt wurde, läßt sich nicht erweisen. Dieselbe Unsicherheit besteht
hinsichtlich der Verehrung des bei den Elbslaven in Ansehen stehen-
den Triglav, des dreiköpfigen Gottes. Zu diesen gesellen sich noch
Radigast, dessen Wesen noch unaufgeklärt ist, der Gott des Mor-
1) Krek, Einleitung in die slavische Literaturgeschichte, 1887. S. 170. 411 f. 600.
2) Chron. I. VI, S. 160 Wagn.: Lucum Zutibure dietum ab accolis
ut Deum in omnibus honoratum et ab aevo antiquo nunquam violatum
radicitus eruens sancto martyri Romano in eo ecclesiam construxit.
3) Völlig haltlos sind daher die landläufigen Beziehungen der ON. Schmanne-
witz oder Schwannewitz bei Dahlen, Wantewitz bei Großenhain und Schwanditz
im Altenburgischen auf den oben genannten Gott.