(Vorwort.
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Indem das vorliegende Werk, von welchem ein kleiner Teil
als Programmabhandlung des Königl. Realgymnasiums zu Döbeln
1883 erschien, zum ersten Male eine vollständige Behandlung der
slavischen Ortsnamen des Königreichs Sachsen darbietet, verhehlt
sich der Verfasser durchaus nicht, daß die Aufgabe, die er sich ge-
stellt und in einer langen Reihe von Jahren zu lösen unternommen
hat, in manchen Stücken eine völlig genügende Erledigung noch
nicht gefunden hat, vielleicht auch nicht finden kann. Denn die
Schwierigkeit des Gegenstandes überhaupt, im vorliegenden Falle
noch gesteigert durch die starke Verwitterung unserer Ortsnamen
und den Umstand, daß deren urkundliche Belege oft genug nur bis
zum Ausgange des Mittelalters zurückreichen, bringt es mit sich,
daß in nicht wenigen Fällen eine vollkommene Sicherheit der Deutung
zu erzielen leider nicht möglich gewesen ist. Gleichwohl dürfte bei
einiger Nachsicht mit diesen Schwächen zugegeben und anerkannt
werden, daß das Buch wohl dazu beiträgt, das graue Altertum
unserer Landesgeschichte in ein helleres Licht zu setzen und klarere
Vorstellungen über unsere slavische Vorzeit und deren in den Orts-
namen erscheinenden Reflex zu erzeugen.
Durch die Untersuchung dieser sprechenden Zeugen einer alten
Zeit sind mancherlei bedeutungsvolle Thatsachen über Tier= und
Pflanzenwelt, Anbau und Befestigung des Landes, Beschäftigung
der Bewohner u. s. w. gewonnen worden; eine höchst ansehnliche
Zahl altwendischer zum Teil sonst unbelegter Personennamen ist
aus dem Ortsnamengewirr hervorgezogen worden, durch die sehr
häufig das altwendische Volksleben eine besondere Beleuchtung er-
fährt; die fremde Sprache, die ehedem in unserem ganzen Sachsen-
lande erklang, der Wortschatz des Altwendischen wird uns, vielfach