System des bürgerlichen Rechts. A. Allgemeine Lehren. gI
Persönlichkeit des Vereins bei dem überlieferten Verleihungsprinzip. Der Er-
werb der Rechtsfähigkeit, die Vollendung der Vereinsgründung, blieb Gnaden-
sache.
Erst die Gesetzgebung des neuen Deutschen Reichs hat hier den Gedanken
des neuzeitlichen Liberalismus Bahn in das Privatrecht gebrochen. Neben das
Verleihungsprinzip trat das in dem Grundsatz der Vereinsfreiheit wurzelnde
Eintragungsprinzip. Die Rechtsfähigkeit kann nach diesem neuen Grund-
satze durch Eintragung in ein öffentliches Register erworben werden. Die Ein-
tragung in das Register hat von Rechts wegen zu erfolgen, sobald das Statut
des Vereins bestimmte gesetzlich festgelegte Anforderungen (Normativbestim-
mungen) erfüllt. Soweit das Eintragungsprinzip gilt, ist der Erwerb der Rechts-
fähikgeit für den Verein Rechtssache, nicht mehr Gnadensache.
Zuerst ist der neue Grundsatz auf dem Gebiete des Handelsrechts für die
großen Wirtschaftsvereine, die Aktiengesellschaften und deren Nachbildungen
(auch für die eingetragenen Genossenschaften) durchgeführt worden. Als das
bürgerliche Gesetzbuch abgefaßt wurde, handelte es sich um die Frage, wieweit
dem Eintragungsprinzip weitere Geltung zu schaffen sei, und es ist gelungen,
durch das Vereinsprivatrecht des bürgerlichen Gesetzbuchs einen weiteren
Fortschritt im Sinne des modernen Rechts zu machen.
Das bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwei Arten von Vereinen: Wirt-
schaftsvereine (deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ge-
richtet ist) und Idealvereine (die nicht um eines wirtschaftlichen Geschäfts-
betriebs, sondern um anderer Zwecke willen da sind). Für die Wirtschafts-
vereine bedurfte es einer weiteren Erstreckung des Eintragungsprinzips nicht.
Hier war bereits durch das Handelsgesetzbuch und seine Nebengesetze das
Nötige vorgesehen. Darum ist es nach dem bürgerlichen Gesetzbuche für Wirt-
schaftsvereine, die sich der bereits ausgebildeten und durch Normativbestim-
mungen geregelten handelsrechtlichen Vereinsformen (Aktiengesellschaft usw.)
nicht bedienen wollen, beim Verleihungsprinzip (das also hier nur ergänzende
Bedeutung hat) verblieben. Das Neue im bürgerlichen Gesetzbuche ist die Er-
streckung des Eintragungsprinzips auf die Idealvereine. Für die Ideal-
vereine, mögen sie um der Unterhaltung, um der Wohltätigkeit, um politischer
oder religiöser oder sonstiger Zwecke willen gegründet sein, hat das bürgerliche
Gesetzbuch Normativbestimmungen aufgestellt. Sind die Normativbestim-
mungen durch die Vereinssatzung erfüllt, so erfolgt der Erwerb der Rechts-
fähigkeit durch Eintragung in das beim Amtsgericht geführte Vereinsregister.
Der Erwerb der juristischen Persönlichkeit ist damit den Idealvereinen im
Grundsatz freigegeben, das Recht der freien Vereinsbildung auch für das Privat-
recht wirksarn geworden. Aber doch nicht ohne Einschränkung. Ein Vorbehalt
ist zu Lasten der politischen, sozialpolitischen und religiösen Vereine gemacht
worden. Die Verwaltungsbehörde kann nach freiem Ermessen die Eintragung
solcher Vereine in das Vereinsregister verbieten. Für diese Vereine, d.h. für
die im öffentlichen Leben bedeutsamsten Idealvereine ist trotz alledem im
praktischen Erfolge der Erwerb der juristischen Persönlichkeit und damit die