IIO RUDOLPH SOHM: Bürgerliches Recht.
wendigen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Recht bedeutet, und es steht
zu hoffen, daß trotz einer bereits in entgegengesetzter Richtung ergangenen
reichsgerichtlichen Entscheidung, die richtige Ansicht sich durchsetzt, nämlich
daß auch durch Vereinbarung der Parteien das Verbot der Kahlpfändung nicht
beseitigt werden kann.
Rechte des Das Recht des Mieters auf vertragsmäßigen Sachgebrauch ist ebenso wie
Kielers: das des Vermieters auf den Mietzins ein bloßes persönliches Forderungsrecht,
d. h. der Mieter kann nach allgemeinen Grundsätzen nur von seinem Vermieter
und von dessen Erben die Einhaltung des Mietverhältnisses, die Gewährung
des Sachgebrauchs, verlangen. Der Sondernachfolger des Vermieters, an den
der Vermieter die vermietete Sache veräußert hat, ist an sich durch den Miet-
vertrag seines Rechtsvorgängers nicht gebunden. Er hat dem Mieter die Sache
nicht vermietet. Er schuldet dem Mieter nichts. Er kann den Mieter aus dem
Sachgebrauch entsetzen: Kauf bricht Miete. Der Mieter kann sich, sobald ledig-
lich die allgemeinen Regeln von Schuldverhältnissen gelten, nur an seinen Ver-
mieter halten (oder dessen Erben). An Stelle des Sachgebrauchs, den ihm der
Käufer entzogen hat (aus der Wohnung ist er entsetzt), hat er lediglich sein
Forderungsrecht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, das ihn weder gegen
Wind noch gegen Wetter zu schützen imstande ist. Das römische Recht und
mit ihm das frühere gemeine deutsche Recht hat alle diese Folgerungen ge-
zogen. Das bürgerliche Gesetzbuch aber hat im Anschluß an das preußische
Landrecht dem Recht des Mieters stärkere Kraft gegeben. Nach dem bürger-
lichen Gesetzbuche gilt nunmehr reichsrechtlich der umgekehrte Satz: Kauf
Kauf briht bricht nicht Miete. Das Mietverhältnis bleibt auch nach dem bürgerlichen
nicht Miele. Gesetzbuche ein Schuldverhältnis. Aber es erstreckt seine verpflichtende Wir-
kung auch auf den Sondernachfolger des Vermieters, d.h. auch auf denjenigen
Erwerber des Grundstücks, der nicht wie der Erbe in die gesamte Rechtslage,
sondern durch Verfügung des Vermieters nur in das Eigentum an der Mietsache
eintritt. Veräußert der Vermieter eines Grundstücks das vermietete Grund-
stück, nachdem er es bereits dem Mieter (oder Pächter) überlassen hatte (der
Mieter wohnt schon in dem Hause, der Pächter ist schon auf dem Landgute),
an einen Dritten, so tritt der Erwerber des Grundstücks an Stelle des Vermieters
in das Mietverhältnis (bzw. Pachtverhältnis) ein: er ist nunmehr der Miet-
berechtigte und der Mietverpflichtete. Er muß dem Mieter die Wohnung, das
Pachtgut lassen. Das Recht des Mieters ist gesichert auch gegen die Veräuße-
rungsfreiheit des Vermieters.
Der Schutz des Mieters gegen Willkür des Vermieters ist der Grundgedanke,
auf den das Mietrecht des bürgerlichen Gesetzbuchs gestimmt ist.
Wesen des VII. Der Dienstvertrag. Der Dienstvertrag ist der Arbeitsvertrag
Dieastvertagt des bürgerlichen Gesetzbuchs. Er ist der Vertrag über entgeltliche Dienst-
leistung. Die römische Dienstmiete war ein Vertrag von minderer Bedeutung.
Sie bezog sich nur auf die Leistung von niederen Diensten (operae illiberales).
Der Dienstvertrag des bürgerlichen Gesetzbuchs aber bezieht sich auf Dienste