System des bürgerlichen Rechts. B. Das Recht der Schuldverhältnisse. 115
ein bloßer Dienstvertrag, kein Werkvertrag, wenn und weil der Dienstleistende
zur Herstellung eines bestimmten Erfolges nicht verpflichtet ist. Stücklohn
bedeutet als solcher nur einen bestimmten Maßstab für die Vergütung der
Arbeitskraft, keine Verpflichtung zur Leistung eines Arbeitserfolgs. Auch die
Näherin, die nach der Zahl der gelieferten Hemden usw. bezahlt wird, steht in
einem Dienstvertragsverhältnis und kann folgeweise das Recht vom Dienst-
vertrage geltend machen, kraft dessen ihr auch bei unverschuldeter vorüber-
gehender Verhinderung entsprechende Vergütung zu zahlen ist. Das Eigen-
tümliche des Werkvertrags ist, daß er zur Herstellung eines Werks, d.h. eines
Arbeitserfolgs, verpflichtet. Das Werk kann der verschiedensten Art sein:
Herstellung von Sachen (z. B. eines Gemäldes, eines Rockes), Ausbesserung von
Sachen, Transport von Sachen, Errichtung eines Gebäudes usf.
Der Werkverpflichtete (der Unternehmer) ist zu mangelfreier Herstellung
des Werks verpflichtet. Ist das Werk nicht von der vertragsmäßigen Beschaffen-
heit, so ist der Besteller nicht verpflichtet, das Werk anzunehmen: der Unter-
nehmer ist zur Beseitigung des Mangels verpflichtet und zugleich berechtigt.
Erst wenn der Besteller dem Unternehmer vergeblich eine Nachfrist zur end-
gültigen Beseitigung des Mangels gesetzt hat, erwächst dem Besteller ein Mängel-
anspruch wie beim Kaufe: der Anspruch auf Wandelung (Rückgängigmachung
des Werkvertrags) oder aber auf verhältnismäßige Preisminderung.
Liefert der zur Herstellung einer Sache verpflichtete Unternehmer, wie
das häufig der Fall ist, auch den Stoff, so liegt, wenn es sich um Herstellung
vertretbarer (nicht individuellen, sondern nur Quantitätswert besitzender)
Sachen handelt (ich bestelle z. B. ein Dutzend silberne Löffel), kein Werkvertrag,
sondern ein Kaufvertrag vor: der Vertrag betrifft in Wahrheit Sachlieferung,
nicht Werklieferung (es ist gleichgültig, ob der Lieferungsverpflichtete die
Sachen erst herstellt oder sie schon hat, oder sie etwa anderweitig anschafft).
Wenn aber die Herstellung nichtvertretbarer (individuellen Wert besitzender)
Sachen (z. B. eines Kleidungsstücks odeı einer besonders eingerichteten Ma-
schine oder eines Porträts) zugesagt wurde, liegt ein sog. Werklieferungs-
vertrag, d.h. eine teilweise unter Kaufrecht stehende Abart des Werkvertrags
vor. Kaufrecht gilt insbesondere, soweit es sich um die Pflicht zur Eigentums-
verschaffung und um die Gewährleistung für Mängel am Recht handelt. Aber
in bezug auf die Gewährleistung für Mängel der gelieferten Sache gilt das Recht
vom Werkvertrage: ist die vom Unternehmer gelieferte Sache mangelhaft (der
Rock ist etwa zu eng, das Porträt unähnlich), so kann nicht sofort gewandelt,
d. h. nicht sofort Rückgängigmachung des Vertrags verlangt werden; der Unter-
nehmer ist vielmehr zur Besserung der Sache binnen angemessener Frist wie
verpflichtet, so berechtigt. Auch hier schützt das bürgerliche Gesetzbuch den
Arbeitsleistenden (den Werkverpflichteten) besser als das bisherige Recht, das
beim Werklieferungsvertrag schlechtweg Kaufrecht gelten ließ.
Der Vertrag über Ausbesserung oder sonstige Bearbeitung von fremden
Sachen ist immer ein reiner Werkvertrag. Hier ist das Recht des Werkleistenden
(des Handwerkers) auf Vergütung nach dem bürgerlichen Gesetzbuche ebenso
\ 8°
Werklieferungs-
vertrag.
Reiner
Werkvertrag.