Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

System des bürgerlichen Rechts. B. Das Recht der Schuldverhältnisse. 115 
ein bloßer Dienstvertrag, kein Werkvertrag, wenn und weil der Dienstleistende 
zur Herstellung eines bestimmten Erfolges nicht verpflichtet ist. Stücklohn 
bedeutet als solcher nur einen bestimmten Maßstab für die Vergütung der 
Arbeitskraft, keine Verpflichtung zur Leistung eines Arbeitserfolgs. Auch die 
Näherin, die nach der Zahl der gelieferten Hemden usw. bezahlt wird, steht in 
einem Dienstvertragsverhältnis und kann folgeweise das Recht vom Dienst- 
vertrage geltend machen, kraft dessen ihr auch bei unverschuldeter vorüber- 
gehender Verhinderung entsprechende Vergütung zu zahlen ist. Das Eigen- 
tümliche des Werkvertrags ist, daß er zur Herstellung eines Werks, d.h. eines 
Arbeitserfolgs, verpflichtet. Das Werk kann der verschiedensten Art sein: 
Herstellung von Sachen (z. B. eines Gemäldes, eines Rockes), Ausbesserung von 
Sachen, Transport von Sachen, Errichtung eines Gebäudes usf. 
Der Werkverpflichtete (der Unternehmer) ist zu mangelfreier Herstellung 
des Werks verpflichtet. Ist das Werk nicht von der vertragsmäßigen Beschaffen- 
heit, so ist der Besteller nicht verpflichtet, das Werk anzunehmen: der Unter- 
nehmer ist zur Beseitigung des Mangels verpflichtet und zugleich berechtigt. 
Erst wenn der Besteller dem Unternehmer vergeblich eine Nachfrist zur end- 
gültigen Beseitigung des Mangels gesetzt hat, erwächst dem Besteller ein Mängel- 
anspruch wie beim Kaufe: der Anspruch auf Wandelung (Rückgängigmachung 
des Werkvertrags) oder aber auf verhältnismäßige Preisminderung. 
Liefert der zur Herstellung einer Sache verpflichtete Unternehmer, wie 
das häufig der Fall ist, auch den Stoff, so liegt, wenn es sich um Herstellung 
vertretbarer (nicht individuellen, sondern nur Quantitätswert besitzender) 
Sachen handelt (ich bestelle z. B. ein Dutzend silberne Löffel), kein Werkvertrag, 
sondern ein Kaufvertrag vor: der Vertrag betrifft in Wahrheit Sachlieferung, 
nicht Werklieferung (es ist gleichgültig, ob der Lieferungsverpflichtete die 
Sachen erst herstellt oder sie schon hat, oder sie etwa anderweitig anschafft). 
Wenn aber die Herstellung nichtvertretbarer (individuellen Wert besitzender) 
Sachen (z. B. eines Kleidungsstücks odeı einer besonders eingerichteten Ma- 
schine oder eines Porträts) zugesagt wurde, liegt ein sog. Werklieferungs- 
vertrag, d.h. eine teilweise unter Kaufrecht stehende Abart des Werkvertrags 
vor. Kaufrecht gilt insbesondere, soweit es sich um die Pflicht zur Eigentums- 
verschaffung und um die Gewährleistung für Mängel am Recht handelt. Aber 
in bezug auf die Gewährleistung für Mängel der gelieferten Sache gilt das Recht 
vom Werkvertrage: ist die vom Unternehmer gelieferte Sache mangelhaft (der 
Rock ist etwa zu eng, das Porträt unähnlich), so kann nicht sofort gewandelt, 
d. h. nicht sofort Rückgängigmachung des Vertrags verlangt werden; der Unter- 
nehmer ist vielmehr zur Besserung der Sache binnen angemessener Frist wie 
verpflichtet, so berechtigt. Auch hier schützt das bürgerliche Gesetzbuch den 
Arbeitsleistenden (den Werkverpflichteten) besser als das bisherige Recht, das 
beim Werklieferungsvertrag schlechtweg Kaufrecht gelten ließ. 
Der Vertrag über Ausbesserung oder sonstige Bearbeitung von fremden 
Sachen ist immer ein reiner Werkvertrag. Hier ist das Recht des Werkleistenden 
(des Handwerkers) auf Vergütung nach dem bürgerlichen Gesetzbuche ebenso 
\ 8° 
Werklieferungs- 
vertrag. 
Reiner 
Werkvertrag.
	        
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