System des bürgerlichen Rechts. E. Das Erbrecht. I4I
Es versteht sich von selber, daß die obervormundschaftliche Gewalt des
Vormundschaftsrichters dem Schutze der Kinder gegen Mißbrauch der elter-
lichen und der vormundschaftlichen Gewalt zu dienen bestimmt ist. Es handelt
sich einerseits um den Schutz des Vermögens: gewisse Verwaltungshandlungen
über das Kindesgut bedürfen der obervormundschaftlichen Genehmigung. Das
andere ist der Schutz der Person des Kindes. Die Obervormundschaft ist be-
rechtigt, unmittelbar in die Erziehung des Kindes einzugreifen. Dem Vor-
mund kann die Erziehung des Kindes entzogen werden, wenn das Vormund-
schaftsgericht nach pflichtmäßigem Ermessen es für notwendig erachtet; selbst
den Eltern kann die Erziehungsgewalt genommen werden, wenn das geistige
oder leibliche Wohl des Kindes in den Händen der Eltern als gefährdet er-
scheint. In solchen Fällen ordnet das Vormundschaftsgericht statt der elter-
lichen bzw. vormundschaftlichen Erziehung zwangsweise die Erziehung des
Kindes in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungsanstalt oder Besse-
rungsanstalt an (Zwangserziehung, Fürsorgeerziehung). Die Vorschriften des
bürgerlichen Gesetzbuchs finden an dieser Stelle ihre Ergänzung durch die
Fürsorgeerziehungsgesetze der Landesrechte: die zwangsweise Fürsorgeerziehung
darf aber von dem Vormundschaftsgericht nur angeordnet werden, wenn sie
zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens notwendig ist. Den Hinter-
grund dieser Rechtssätze bildet das soziale Elend unserer Großstädte. Überall
aber ist unsere Gesetzgebung am Werke, Luft und Licht zu bringen. Auch das
bürgerliche Recht hat seinen Anteil an der großen Arbeit: den Rechtssätzen
von der ehemännlichen, der elterlichen, der vormundschaftlichen Gewalt tritt
der Schutz der Frau, der Schutz des Kindes ausgleichend an die Seite.
E. Das Erbrecht.
I. Die Erbfolge. Mit dem Tode endigt die Rechtsfähigkeit der Person.
Die personenrechtlichen Rechte gehen unter. Die Vermögensrechtsverhältnisse
aber bleiben. Es tritt der Übergang des erblasserischen Vermögens auf den
Erben ein.
In Anschluß an das römische Recht hat das bürgerliche Gesetzbuch, ebenso
wie das schon bisher geltende Recht, den Grundgedanken der Gesamtnach-
folge (Universalsukzession) durchgeführt. Der Erbe tritt in das Ganze des erb-
lasserischen Vermögens ein. Auf ihn geht das Vermögen mit den Schulden
als Einheit über. Der Erbe ist nunmehr der Eigentümer, aber er haftet zugleich
für die Schulden des Erblassers. Das Interesse der Gläubiger beherrscht das
Erbrecht. Um der Schulden willen erwirbt der Erbe das Vermögen als Ganzes,
d.h. mit Einschluß der Schulden. Seinen Gläubigern lebt der Erblasser fort
in der Person des Erben. Aber der Erbe haftet nach dem bürgerlichen Gesetz-
buche grundsätzlich nur beschränkt, d.h. nur mit dem Nachlaß, nicht mit dem
eigenen Vermögen. Durch Ausantwortung des Nachlasses kann er von den An-
sprüchen der Nachlaßgläubiger sich befreien. Die regelmäßige Form für die
Befreiung des Erben von unbeschränkter persönlicher Schuldhaftung ist nach
dem bürgerlichen Gesetzbuche die Herbeiführung der Nachlaßverwaltung bzw.
Schutz
der Kinder.
Zwangs-
erziehung.
Fürsorge-
erziehungs-
gesetze.
Wesen der
Erbfolge.