VI. Die Handelsgeschäfte. 17I
ständen künstlich niedrig gehalten; daraus erklärt sich das auch im neuesten
deutschen Börsengesetze (vom 8. Mai 1908) enthaltene scharfe, auch durch
Strafandrohungen verstärkte gänzliche Verbot der Börsentermingeschäfte in
Getreide und in Erzeugnissen der Getreidemüllerei, welche auch nach dem öster-
reichischen Börsengesetze vom 4. Januar 1903 gänzlich verboten sind. (Nur unter
ganz besonderen vom Bundesrat speziell zu genehmigenden Bedingungen ist
in diesen Waren ein handelsrechtliches reelles Lieferungsgeschäft nach dem
genannten deutschen Gesetze gestattet.) Überdies kann der Bundesrat den
Börsenterminhandel auch in anderen bestimmten einzelnen Waren ganz ver-
bieten und in Industrieaktien u. dgl. oder wie das Gesetz sagt, in Anteilen von
Bergwerks- und Fabrikunternehmungen sind solche Geschäfte nur mit Genehmi-
gung des Bundesrats zulässig; in Wertpapieren — mit Ausnahme der deutschen
Reichs- und Staatsanleihe-Papiere — hängt der Börsenterminhandel von einer
doppelten — unter Umständen sogar dreifachen — Zulassung ab, von der Zu-
lassung durch die Zulassungsstelle der ein solches Papier einführenden Börse,
von der des Bundesrats, welche auch stillschweigend — durch Nichtverbot —
erteilt wird, und gegebenenfalls von der Zustimmung der das Papier emittierenden
inländischen Erwerbsgesellschaft; gesetzlich ist ferner bestimmt, daß Wert-
papiere nur zugelassen werden, wenn die Gesamtsumme der Stücke, in denen
der Börsenterminhandel stattfinden soll, sich nach ihrem Nennwerte mindestens
auf zwanzig Millionen Mark beläuft. Ist somit in objektiver Beziehung der
Terminhandel an den offiziellen Börsen eingeengt, so unterscheidet in subjek-
tiver Hinsicht das deutsche Börsengesetz zwischen börsentermingeschäfts-
fähigen und -unfähigen Personen; erstere sind im allgemeinen nur die in das
Handelsregister eingetragenen Kaufleute und die Börsenhabitu&s oder Rou-
tiniers, und an diese Kategorien anknüpfend sagt das Gesetz, daß ein Börsen-
termingeschäft, wenn beide Kontrahenten desselben börsentermingeschäfts-
fähig sind, verbindlich ist und der Einrede des Differenzgeschäftes oder des
Spieles nicht unterliegt; das nämliche ist aber auch der Fall, wenn nur einer
der beiden vertragschließenden Teile börsentermingeschäftsfähig, der andere
aber nicht, und der letztere dem ersteren in einem auf Wertpapiere bezüglichen
Geschäfte eine Kaution gestellt hat: dann kann sich nämlich der Kautions-
inhaber an die für die Erfüllung ihm bestellte Sicherheit halten, der Spiel- und
Differenzeinwand ist ausgeschlossen und das Geschäft für beide Teile verbind-
lich. Im übrigen kann ein Börsentermingeschäft wirksam und gültig werden,
wenn auch keiner der beiden Kontrahenten börsentermingeschäftsfähig ist,
dann nämlich, wenn auf Grund des Geschäftes geleistet worden ist, was zu leisten
war, eine Rückforderung ist ausgeschlossen, vorausgesetzt, daß das Geschäft
nicht objektiv verboten oder unzulässig war; unter denselben Voraussetzungen
ist auch die Aufrechnung gegen Forderungen aus Börsentermingeschäften auf
Grund anderer Börsenzeitgeschäfte zulässig. In welchen Wertpapieren oder
Waren, welche nicht zum Börsentermingeschäft an staatlich genehmigten Börsen
zugelassen sind, kann ein freier oder inoffizieller Börsenhandel außerhalb jener
Börsen stattfinden und die Geschäfte sind mit Ausnahme der radikal verbotenen
Börsentermin-
geschäfte.