Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

Vertragsmäßige 
Verpflichtungen. 
194 Lupwic von Bar: Internationales Privatrecht. 
Sachen kommt außerdem in Betracht, daß bei einem Ortswechsel nach Ent- 
stehung des Pfandrechts zwar die Gültigkeit des Pfandrechts nach. dem Ge- 
setze des Ortes der Entstehung, nicht aber dessen Wirksamkeit gegenüber 
anderen Pfandrechten und im Konkursverfahren (die Priorität) zu beurteilen 
ist; hier ist vielmehr das Gesetz des späteren Ortes entscheidend. 
Am wenigsten Übereinstimmung besteht über die Behandlung des Rechtes 
der Verpflichtungen aus Verträgen. Während die ältere noch in England 
und Nordamerika herrschende, in Frankreich und Italien ebenfalls noch über- 
wiegende Ansicht (abgesehen von den Modalitäten der Erfüllung, bei welchen 
die Beurteilung nach dem Orte der Erfüllung sich von selbst geltend macht) 
das Gesetz des Ortes des Vertragsschlusses anwendet, hat die deutsche Praxis 
unter dem Einflusse der Ausführungen Savignys wesentlich das Gesetz des 
Ortes der Erfüllung als entscheidend angesehen. Es kann jedoch weder das 
eine noch das andere dieser Prinzipien als richtig gelten und, ohne die Bedürf- 
nisse des Verkehrs zu schädigen und die gegründeten Erwartungen der Be- 
teiligten zu täuschen, durchgeführt werden, ebensowenig aber die Entscheidung 
allein auf den häufig nicht einmal bestimmt festzustellenden Willen der Par- 
teien im einzelnen Falle (Autonomie der Parteien nach einem freilich nicht recht 
passenden Ausdruck) gestellt werden. Im Prinzip ist vielmehr zugrunde zu 
legen das heimatliche Recht desjenigen, der verpflichtet sein soll, eine Ansicht, 
die in neuester Zeit auch mehr als früher Zustimmung findet. 
Für einseitige Verpflichtungen, z. B. Schenkungsversprechen spricht für diese 
Ansicht entschieden die Billigkeit, und im allgemeinen kann gesagt werden, daß 
gesetzliche Vorschriften, welche den Schutz des Schuldners bezwecken, auf alle 
Personen angewendet werden sollen, welche dem Gebiete dieser Gesetze dauernd 
angehören, daß aber auch vermutlich jeder sich nach dem Gesetze verpflichten 
will, das er präsumtiv am besten kennt, d.h. nach seinem heimatlichen Gesetze. 
Die anscheinend bei zweiseitigen Verträgen erwachsende Schwierigkeit 
löst sich dadurch, daß der obligatorische Anspruch nur insoweit geltend ge- 
macht werden kann, als er übereinstimmend von den beiden in Betracht kommen- 
den Gesetzen anerkannt wird. Das Prinzip hat aber mannigfache und be- 
deutende Ausnahmen zu erleiden. Treu und Glauben fordern, daß, wenn ein 
Rechtsgeschäft in demselben Territorium abgewickelt werden soll, in welchem 
es vereinbart wurde, dann auch das Recht dieses Territoriums für die Ver- 
pflichtungen beider Kontrahenten maßgebend sei. Anderseits kommen für die 
Erfüllung die am Orte derselben geltenden Prohibitivgesetze in Betracht (der 
Vertrag ist unwirksam, wenn die Handlung, welche durch ihn herbeigeführt 
werden soll, an dem Orte, an welchem sie geschehen soll, verboten ist), und im 
Zweifel ist anzunehmen, daß unter den im Vertrage benannten Geldsorten und 
Maßen die am vertragsmäßigen Orte der Erfüllung bestehenden von den Kontra- 
henten gemeint sind. Außerdem verlangen Treu und Glauben, daß bei gewöhn- 
lichen Verkehrsverträgen als heimatliches Recht der Partei nicht das Staats- 
angehörigkeits-(Nationalitäts-)Gesetz, sondern das Gesetz des Domizils be- 
trachtet werde. (Abweichend aber z. B, das italienische Gesetz.)
	        
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