Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

II. System des internationalen Privatrechts. 195 
Insoweit der freie Wille der Parteien entscheidet, kann unter Umständen 
auch die Sprache, deren sich die Kontrahenten bedient haben, einen Anhalts- 
‘punkt für die Bestimmung des maßgebenden Gesetzes bilden. Hiernach muß 
in Ansehung vertragsmäßiger Verpflichtungen sehr oft der praktische, die 
Einzelheiten des Falles erwägende Takt die Frage des anzuwendenden Ge- 
setzes beantworten, und eine ausreichende, gesetzliche Formulierung ist 
äußerst schwer zu finden. Das Einführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetzbuch 
für das Deutsche Reich hat einen darauf sich beziehenden Satz aufzustellen 
unterlassen. 
Die Modifikationen, welchen vertragsmäßige Verpflichtungen durch Verzug 
oder Verschulden des Verpflichteten oder auch des Gläubigers unterliegen, 
sind nach Maßgabe desjenigen Gesetzes wirksam, welches überhaupt für die 
Verpflichtung maßgebend ist. Besonders bestritten ist die Behandlung der 
Verjährung: Gesetz des Ortes der Klage — so besonders die englisch-nord- 
amerikanische — oder Gesetz, welches auch im übrigen für den Vertrag maß- 
gebend ist — so die Praxis des deutschen Reichsgerichts —, oder Gesetz des 
Wohnorts des Verpflichteten (richtiges Prinzip, weil es sich um ein Gesetz zum 
Schutze des Verpflichteten handelt). Der Übergang des Rechtes des Gläubigers 
auf einen anderen Gläubiger (Zession) ist abhängig von dem Gesetze der Ver- 
pflichtung, kann jedoch auch als selbständiges Rechtsgeschäft wirksam sein. 
Die allgemeinen Grundsätze des Obligationenrechts haben Anwendung zu 
finden auf die handelsrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere auf 
die wechselrechtlichen Verpflichtungen. Die Voraussetzungen der Gültigkeit des 
Regresses sind für jede einzelne Wechselverbindlichkeit nach den Gesetzen des 
einzelnen Verpflichteten zu beurteilen. Im Wechselrechte muß aber zugunsten 
eines gutgläubigen Erwerbers der Ort der Datierung als wirklicher Ort der Über- 
nahme der Wechselverpflichtung gelten. Den Bedürfnissen des Weltverkehrs dient 
übrigens am besten ein uniformes, in der Tat nicht unüberwindliche Schwierig- 
keiten bereitendes Wechselrecht. Eine Konferenz, in welcher eine große Anzahl 
von Staaten (darunter auch das Deutsche Reich) vertreten waren, konnte daher 
am 23. Juli 1912 in Brüssel ein solches universelles Wechselrecht entwerfen 
und ebenso ein uniformes Recht der Orderpapiere und des Schecks. Freilich 
ist dabei den Signatarstaaten eine erhebliche Anzahl von Abweichungen ihrer 
Gesetzgebung verstattet geblieben. Der besondere Charakter der Wertpapiere 
auf den Inhaber besteht darin, daß der Übergang des Rechts an der Forderung 
(bei Aktien an einem Gesellschaftsanteile) verknüpft ist mit dem Übergange 
des Rechts an dem die Forderung (dem Geschäftsanteile) beurkundenden 
Papiere. Daher kommen international für die Frage, wer berechtigter Besitzer 
des Papiers ist, die Grundsätze in Betracht, welche für Erwerb (und bzw. Klagen 
auf Herausgabe) beweglicher Sachen gelten, während der Inhalt der Verpflich- 
tung und ihr Erlöschen (ebenso die Rechte, welche aus dem Gesellschaftsanteile 
sich ergeben) nach dem Gesetze des Schuldners (der Gesellschaft) zu beurteilen 
sind. Den Frachtvertrag anlangend, so besteht jetzt kraft einer zu Bern 
1890 abgeschlossenen Konvention über den internationalen Verkehr zwischen 
13* 
Handelsrecht; 
Wechselrecht.
	        
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