Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

System des Zivilprozeßrechts. VIII. Rechtsmittel. 223 
Waren mehr als zwei übergeordnete Instanzen vorhanden, so war eine zweite 
Appellation (Oberappellation) möglich. Nach der deutschen Prozeßordnung 
ist die Berufung nur zulässig gegen Endurteile der ersten Instanz einschließlich 
der durch Eid bedingten Endurteile. Von den Zwischenurteilen sind nur zwei, 
nämlich das Zwischenurteil über eine prozeßhindernde Einrede und das Zwischen- 
urteil über den Grund eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs, 
selbständig anfechtbar; die anderen Zwischenurteile unterliegen aber der Beur- 
teilung des Berufungsgerichts, wenn das Endurteil angefochten wird. 
Die. Berufung geht an das übergeordnete Gericht, also vom Amtsgericht 
an das Landgericht, vom Landgericht an das Oberlandesgericht. Sie ist durch 
Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Berufungsgericht innerhalb einer Monats- 
frist seit Zustellung des Urteils einzulegen. Die Einlegung der Berufung hindert 
die Vollziehung des Urteils, es sei denn, daß dieses für vorläufig vollstreckbar 
erklärt ist. Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen, d.h. 
eine Änderung des erstinstanziellen Urteils zu seinen Gunsten beantragen. 
Vor dem Berufungsgerichte findet eine neue mündliche Verhandlung statt. In 
dieser können beide Parteien neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie neue 
Beweismittel vorbringen. Ein neuer Anspruch darf ohne Zustimmung des 
Gegners nicht geltend gemacht werden. Das Berufungsgericht hat innerhalb 
der durch die Parteianträge gezogenen Schranken zu prüfen, ob die in dem 
angefochtenen Urteil unterstellten Tatsachen richtig sind und ob bei Anwendung 
des Gesetzes kein Fehler begangen wurde. Ist das angefochtene Urteil nach 
Ansicht des Berufungsgerichts unrichtig, so hat das Berufungsgericht nicht bloß 
das Urteil aufzuheben, sondern auch ein neues Urteil zu erlassen. Nur in ge- 
wissen Fällen, in denen die Verhandlung der ersten Instanz unvollständig oder 
das Verfahren fehlerhaft war, hat das Berufungsgericht nach Aufhebung des 
Urteils die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen. 
Die Revision hat Ähnlichkeit mit dem französischen Kassationsrekurs 
(pourvoi en cassation), ist aber in vielen Einzelheiten von dem französischen 
Rechtsmittel verschieden. Sie findet statt gegen Endurteile der Oberlandes- 
gerichte einschließlich der bedingten Endurteile und gegen die zwei Zwischen- 
urteile, welche auch durch Berufung selbständig angefochten werden können 
(s.0. S. 223). In Prozessen über vermögensrechtliche Ansprüche ist die Zu- 
lässigkeit davon abhängig, daß das Interesse an der Abänderung des Urteils 
den Betrag von M.4000 übersteigt. Revisionsgericht ist das Reichsgericht. 
An seine Stelle tritt das bayerische oberste Landesgericht, wenn die Revision 
gegen ein Urteil eines bayerischen Oberlandesgerichts eingelegt wird und es 
sich nicht um Rechtsstreitigkeiten handelt, die zur Zuständigkeit des Reichs- 
Oberhandelsgerichts gehörten oder durch besondere Reichsgesetze dem Reichs- 
gerichte überwiesen wurde, es sei denn, daß für die Entscheidung im wesent- 
lichen Rechtsnormen in Betracht kommen, die in Landesgesetzen enthalten sind. 
Die Revision ist innerhalb einer Monatsfrist seit Zustellung des Urteils durch 
Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Revisionsgericht einzulegen. Die Ein- 
legung hat aufschiebende Wirkung. Die Revision kann nur darauf gegründet 
Revision.
	        
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