226 LOTHAR VON SEUFFERT: Zivilprozeßrecht.
Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung und
Verwertung des gepfändeten Gegenstandes. Sachen werden in der Weise ge-
pfändet, daß der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. Werden die gepfändeten
Sachen im Gewahrsam des Schuldners belassen, so muß die Pfändung durch
Anlegung von Siegeln oder in anderer Weise ersichtlich gemacht werden. Der
Gerichtsvollzieher hat die gepfändeten Sachen durch Versteigerung zu ver-
werten; nur Wertpapiere, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, sind frei-
händig zu verkaufen. Die Pfändung von Forderungen und anderen Rechten
erfolgt durch einen dem Drittschuldner und dem Schuldner zuzustellenden
Gerichtsbeschluß; ist ein Drittschuldner vorhanden, so entsteht das Pfandrecht
mit der Zustellung an diesen, außerdem mit der Zustellung an den Schuldner.
Forderungen aus Wechseln und anderen indossablen Papieren werden durch
Inbesitznahme der Papiere gepfändet. Zur Pfändung einer Hypotheken-
forderung ist außer dem Pfändungsbeschlusse die Übergabe oder Wegnahme
des Hypothekenbriefs, und wenn die Erteilung eines Hypothekenbriefs aus-
geschlossen ist, die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforderlich.
Gepfändete Forderungen und Rechte werden regelmäßig dadurch verwertet,
daß sie dem Gläubiger zur Einziehung oder an Zahlungsstatt überwiesen werden.
— Führt die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht zur Befriedigung
des Gläubigers, so kann der Schuldner zur Leistung des Offenbarungseides, d. i.
zur Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses und zu dessen eidlicher Bekräf-
tigung angehalten werden. Bei Verweigerung des Eides kann Zwangshaft bis
zu sechs Monaten beantragt werden. Die Zwangsvollstreckung in das unbeweg-
liche Vermögen erfolgt durch Beschlagnahme des Grundstückes zum Zwecke
der Zwangsversteigerung, durch Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwal-
tung oder durch Eintragung einer Sicherungshypothek. Die Zwangsversteigerung
und die Zwangsverwaltung sind durch ein besonderes Gesetz geregelt (s. o. S. 205).
Yonnteeckung Der Anspruch auf Herausgabe einer beweglichen Sache wird durch Weg-
Ansprüche. nahme und Übergabe an den Gläubiger, der Anspruch auf Herausgabe eines
Grundstücks oder eines bewohnten Schiffes durch Besitzentsetzung des Schuld-
ners und Einweisung des Gläubigers in den Besitz vollstreckt. Geht der An-
spruch auf Vornahme einer Handlung, die durch einen Dritten vorgenommen
werden kann, so ist der Gläubiger von dem Gericht zu ermächtigen, auf Kosten
des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. Zur Vornahme einer Hand-
lung, die ein Dritter nicht vornehmen kann, wird der Schuldner durch Geld-
strafe und Haft angehalten, wenn die Handlung ausschließlich von seinem Willen
abhängt; aber eine Verurteilung zur Herstellung des ehelichen Lebens oder zur
Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrage kann nicht auf diese Weise
erzwungen werden. Die Verurteilung zu einer Unterlassung kann durch An-
drohung von Geld- oder Haftstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung erzwungen
werden. Bei Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung, z. B. zur Abgabe
der Auflassungserklärung oder zur Bewilligung einer Hypothek oder einer
Löschung, findet keine Zwangsvollstreckung statt, sondern mit der Rechtskraft
des Urteils tritt die Fiktion ein, daß die Erklärung abgegeben sei.