B. Das Strafprozeßrecht. II. Das geltende Recht. 267
zu werden, ob er gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Sache
öffentliche Klage erheben kann oder nicht. Denn eine ‚Anklage gegen Un-
bekannt“ ist ausgeschlossen. Nach Abschluß dieses Ermittelungsverfahrens
stellt er entweder das weitere Verfahren ein oder er erhebt die öffentliche Klage
durch den Antrag auf Voruntersuchung. Diese wird von dem alljährlich bei
dem Landgericht zu bestellenden Untersuchungsrichter eröffnet, geführt, ge-
schlossen. Während der Voruntersuchung können Staatsanwalt wie An-
geschuldigter einzelne Beweiserhebungen bei dem Untersuchungsrichter be-
antragen. Nach Schluß der Voruntersuchung gehen die Akten an den Staats-
anwalt zurück. Dieser legt sie, wenn er nicht die Ergänzung der Vorunter-
suchung nach einzelnen Richtungen hin wünscht, mit seinem Antrag der Be-
schlußkammer des Landgerichts (Dreimännerkammer) vor. Der Antrag kann
auf Eröffnung oder Nichteröffnung des Hauptverfahrens gerichtet sein. Das
Gericht entscheidet auf Grund eines Aktenreferats. Es beschließt die Eröffnung
des Hauptverfahrens, wenn es den Angeschuldigten für „hinreichend ver-
dächtig‘‘' hält, die Tat begangen zu haben. Von diesem Beschluß an heißt der
Angeschuldigte ‚„Angeklagter‘‘. Zugleich wird die Sache vor das Schwurgericht,
allenfalls an ein Gericht minderer Ordnung, verwiesen. Vor der Hauptverhand-
lung können dringende Beweisaufnahmen (Augenschein, Vernehmung eines
todkranken Zeugen usw.) stattfinden.
Die Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht, dessen Richterbank mit
dem Vorsitzenden und zwei Richtern besetzt ist, beginnt mit der Bildung der
Geschworenenbank durch Auslosung aus der Spruchliste, wobei die Parteien
das Recht haben, eine Anzahl von ausgelosten Personen ohne Angabe von
Gründen abzulehnen. Es folgt die Verlesung des Eröffnungsbeschlusses, die
Vernehmung der Angeklagten und die Beweisaufnahme. Dann werden die an
die Geschworenen zu richtenden Fragen festgestellt, Staatsanwalt und Ver-
teidiger halten ihre Schlußvorträge und der Vorsitzende erteilt den Geschworenen
die für diese allerdings nicht bindende Rechtsbelehrung. Die Prozeßordnung
unterscheidet zwei Arten von Fragen. I. „Schuldfragen‘“ (‚ist der Angeklagte
schuldig‘‘ usw.), von denen für jeden Angeklagten und jede Tat mindestens
eine gestellt werden muß. Neben der Hauptfrage werden vielleicht noch Hilfs-
fragen gestellt, die auf eine von dem Eröffnungsbeschluß abweichende rechtliche
Beurteilung derselben Tat (etwa auf Betrug statt Urkundenfälschung) gerichtet
sind. 2. ‚„Nebenfragen‘‘, die auf ‚„mildernde Umstände‘‘, auf Umstände, welche
die Strafbarkeit vermindern, erhöhen oder aufheben, bei Jugendlichen und
Taubstummen auf die zur Erkenntnis der Strafbarkeit erforderliche Einsicht ge-
richtet sein können. Zur Bejahung der Schuldfragen ist Zweidrittelmehrheit,
zur Verneinung der ‚„mildernden Umstände‘ einfache Mehrheit erforderlich.
Nach der Rechtsbelehrung ziehen die Geschworenen sich zur Beratung zurück.
Ist ihre Abstimmung erfolgt, so kehren sie in das Sitzungszimmer zurück und
der von ihnen gewählte Obmann verliest in Abwesenheit des Angeklagten
Frage und Antwort. Wenn der Spruch nicht an einem formellen oder inhalt-
lichen Mangel leidet, so daß die Einleitung eines Berichtigungsverfahrens