III. Kirchenmitgliedschaft. 299
aus, welche, auf einem besonderen kirchlichen Amtsverhältnis beruhend,
ihren Inhalt durch den konkreten kirchlichen Dienst und ihre Sicherstellung
durch die kirchliche Disziplinarordnung empfangen. Von ihnen war, wie von
den spezifischen Amtsrechten auf den einzelnen Stufen der Kirchengewalt,
schon vorher zu reden. Hier stehen die allgemeinen Pflichten der Kirchen-
glieder als solcher in Frage.
Wiederum besteht in ihrer Inhaltsbestimmung und Sicherstellung eine Stellung zur
bemerkenswerte grundsätzliche Differenz des katholischen und des evan-
gelischen Kirchenrechts. Den katholischen Laien verpflichtet die Kirchen-
mitgliedschaft generell und rechtlich auch zur unbedingten Unterwerfung
unter die Kirchenlehre und das Jus divinum, sowie zur ausnahmslos gehor-
samen Hingabe an die Leitung des Klerus; eben darin übt er nach dem Cate-
chismus Romanus seinen durch das Taufsakrament empfangenen Anteil am
interius sacerdotium. In der evangelischen Kirche dagegen kann der Kreis
der Rechtspflichten überall erst da beginnen, wo es sich um das äußere Ver-
halten der Kirchenglieder gegenüber der menschlichen Kirchenordnung handelt
Daher kommt die Stellung des evangelischen Laien zu Lehre und Bekenntnis
niemals zur formalen Entscheidung, indem weder die Voraussetzungen
seiner Berufung zu kirchlichen Ehrenämtern, noch sein Gelübde als Mitglied
eines Gemeinde- oder Synodalorgans eine rechtlich gebundene Stellung zum
Dogma einschließen.
Soweit außerhalb Lehre und Bekenntnis eine Spezialisierung der all-
gemeinen Rechtspflichten der Kirchenglieder stattgefunden hat, tritt sie ins-
besondere in der Pflicht der Unterordnung unter die Vermögens-, die Kultus-
und die Eheordnung der Kirchen hervor. Die erste unterstellt das Kirchen-
glied namentlich der Beitragspflicht zu den kirchlichen Lasten und Abgaben.
Durch die zweite ist es angehalten, im Gebrauch der kirchlichen Gnadenmittel Stellung zur
durch Beteiligung an Wort und Sakrament nach Maßgabe der kirchenordnungs- Kultusordnune.
mäßig bestehenden Zuständigkeitsverhältnisse die Kirchenmitgliedschaft aktiv
zu betätigen. Auch hier freilich sind wesentliche Unterschiede der Konfessionen
nicht zu verkennen. Der Katholik ist vielfach, so hinsichtlich der österlichen
Kommunion, an zwingende Vorschriften gebunden. Das evangelische Ge-
meinderecht ist freier und knüpft an die Unterlassung der Pflicht eine recht-
liche Folge überhaupt nur in dem einen Punkt, daß wählbar in die Gemeinde-
organe nur diejenigen sind, welche ‚‚nicht durch beharrliche Fernhaltung vom
öffentlichen Gottesdienste und von der Teilnahme an den Sakramenten ihre
kirchliche Gemeinschaft zu betätigen aufgehört haben‘‘ (Preuß. K. Gem. u.
Syn. O. v. ı0. IX. 1873, $ 35). Am meisten jedoch tritt der Gegensatz des
konfessionellen Rechtes hinsichtlich des Verhältnisses der Kirchenglieder zur
Eheordnung hervor.
Durch die Reichsgesetzgebung ist anerkannt, daß ‚‚die kirchlichen Ver- Stellung zur
pflichtungen in Ansehung der Ehe durch das bürgerliche Eherecht nicht berührt Aheordnunk
werden‘‘ (BGB. $ 1588). Inhalt und Umfang dieser Verpflichtungen ist aber
wiederum prinzipiell verschieden von der katholischen und evangelischen