IV. Die Kirchengesellschaften in ihrem gegenseitigen Rechtsverhältnis. 303
anheim gestellt wird, da, wo ihre amtliche Beteiligung an einer Feuerbestattung
begehrt wird, und nicht sonstige kirchliche Gründe die Ablehnung zur Pflicht
machen, ihre Mitwirkung in Amtstracht zu gewähren. Vorausgesetzt ist nur
ein kirchlich würdig ausgestalteter Raum und daß die amtliche Tätigkeit des
Geistlichen unter allen Umständen vor Überführung des Sarges in den Ver-
brennungsapparat ihr Ende erreiche; eine nochmalige Funktion des Geist-
lichen bei Verbringung der Aschenreste darf nicht stattfinden. Eine Ver-
pflichtung des Geistlichen zur amtlichen Mitwirkung besteht in keinem Fall.
Die Mitwirkung des Geistlichen bei einer häuslichen Feier vor Überführung
der Leiche nach einem Krematorium ist schon nach älteren Bestimmungen
nicht beschränkt.
Der Austritt aus der Kirche kann mit einem Wechsel der Konfession, Lösung der
also mit einem Eintritt in eine andere Kirche verbunden sein. Dann unterliegt nitglindachatt
er den bereits besprochenen Regeln. Er kann aber auch ohne nachfolgenden durch Austritt.
Anschluß an irgend eine Kirchen- oder Religionsgemeinschaft erfolgen. Denn
kein Staatsangehöriger ist gegenwärtig von Staats wegen genötigt, Mitglied
einer solchen zu sein. Für diesen Fall kommt eine kirchenrechtliche Ord-
nung überhaupt nicht in Betracht. Die Freiheit des völligen Austritts aus der
Kirche stellt sich als ein rein bürgerliches Recht der Staatsangehörigen
dar, welches hinsichtlich seiner Voraussetzungen, Formen und Wirkungen
allein den staatsgesetzlichen Bestimmungen unterliegt. Die Voraussetzungen
bürgerlich gültigen Austritts sind Unterscheidungsalter und Freiheit der
Willensentschließung. Die Formen wechseln zwischen gerichtlicher oder sonst
amtlicher Verlautbarung. Die Wirkung besteht in dem Verlust aller kirchlichen
Rechte und in der Ledigung von allen kirchlichen Pflichten, für welche die bis-
herige Kirchenmitgliedschaft die Grundlage und Voraussetzung war. Auf ver-
mögensrechtlichem Gebiete insbesondere ist die Wirkung gültig vollzogenen
Austritts die nach Ablauf eines gewissen Zeitraums eintretende Befreiung von
allen Leistungen, welche auf der persönlichen Kirchen- oder Kirchengemeinde-
angehörigkeit beruhen. Dagegen werden Leistungen, welche nicht auf dem
Parochialverbande, sondern auf besonderem Rechtstitel oder auf dinglicher
Grundlage beruhen (wie Patronats-, Kommunal-, Reallasten) durch den Aus-
tritt aus der Kirche nicht berührt. Das einzelne gibt das Landesrecht (z. B.
Preuß. G. v. 14. V. 1873). Daß anderseits der Austritt aus der Kirche auf den
Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte einen grundsätzlichen
Einfluß nicht mehr zu äußern vermöge, geht aus dem Inhalte des schon oben
erwähnten Reichsgesetzes über die Gleichberechtigung der Konfessionen hervor.
IV. Die Kirchengesellschaften in ihrem gegenseitigen Rechts- Kirche-
verhältnis. Dieses beruht gegenwärtig auf dem großen Grundsatze der S*«!!haften.
Parität. Es gibt aber keinen Grundsatz, welcher vieldeutiger und mißbräuch-
licher angewendet würde. Darum bedarf es vor allem einer genaueren Begriffs-
bestimmung. Demnächst des Hinweises auf die konkrete Ausgestaltung im posi-
tiven Recht. Endlich sind die Grenzen der staatlichen Paritätspflege zu erwägen.