Schutz des
Vermögens.
Simultaneum.
306 WILHELM KAHL: Kirchenrecht.
gestellt sind. Partikularrechtlich finden sich übrigens auch Strafandrohungen
gegen widerrechtliche Verleitung zum Übertritt. Dem gleichen Zwecke der
Sicherung des religionsgesellschaftlichen Tatbestandes dienen ferner die staats-
gesetzlichen Vorschriften über die religiöse Kindererziehung, insbesondere
über die religiöse Erziehung von Kindern aus gemischter Ehe. Die schon
nachgewiesene Zersplitterung und Ungleichheit des Landesrechts (s. oben III)
steht hier der vollkommenen Sicherung des religionsgesellschaftlichen Tat-
bestandes freilich noch immer vielfach hindernd im Wege.
Die paritätische Ordnung garantiert endlich die Integrität des Ver-
mögens. Jede Kirchen- und Religionsgesellschaft hat unter der Staatsaufsicht
und nach näherer Maßgabe der Gesetzgebung die ausschließliche Verfügung
über ihr rechtmäßig erworbenes Vermögen. Daher kann niemand einer anderen
Religionsgesellschaft zu vermögenswerten Leistungen oder Duldungen an und
für sich verpflichtet sein. Zur Begründung solcher Verpflichtungen bedarf es
jeweils eines besonderen Rechtstitels. Anwendungsfälle dieser Art sind
z. B. die erwähnte freiwillige Leistung von Parochialhandlungen durch den
Geistlichen einer fremden Konfession gegen Entschädigung; oder das Bestehen
dinglicher, d. h. auf Grundstücken ruhenden, daher ohne Ansehen der Kon-
fession auf jeden Rechtsnachfolger übergehenden Verbindlichkeiten; oder die
Zugehörigkeit zu einer leistungspflichtigen politischen Gemeinde. Ein beson-
derer Rechtstitel ergibt sich vielfach auch daraus, daß nach einer an den West-
fälischen Frieden angeschlossenen Übung die Verschiedenheit des christlichen
Bekenntnisses keinen Unterschied begründet in der Fähigkeit, das Patronatrecht
über eine Kirche der anderen Konfession zu erwerben und auszuüben. Mit
diesem Recht übernimmt der Patron auch alle aus dem Patronatverhältnis
entstehenden vermögensrechtlichen Pflichten, und namentlich die jeweils nach
gemeinem oder partikulärem Recht bestehende Beitragspflicht zur Bestreitung
der kirchlichen Baulast.
Hauptanwendungsfall dieser Art aber ist das sog. Simultaneum, d.h.
der gemeinschaftliche Gebrauch eines und desselben Kultusgegenstandes durch
mehrere Konfessionen, insbesondere im Verhältnis von Katholiken und Pro-
testanten. Zwischen ihnen haben lokale Notstände vielfach namentlich zum
gemeinschaftlichen Gebrauch von Kirchengebäuden geführt. Da auch
hier ein Grenzgebiet schwerer Gefahren für den konfessionellen Frieden vorlag,
hat in großen Rechtsgebieten, wie vor allem in Preußen (Allg. LdR. v. 1794 II,
$8 309—317) und Bayern (Rel. Ed. $$ 90—97) die Staatsgesetzgebung unter
dem Gesichtspunkt der Paritätspflege ordnend eingegriffen. Nach dieser grund-
sätzlich übereinstimmenden Ordnung können Simultaneen an Kirchen durch
Gesetze oder Verträge begründet sein, nach welchen sich die beiderseitigen
Beteiligungsrechte beurteilen. Mangelt es an solchen Rechtsquellen, so wird
vermutet, daß jede Gemeinde mit der anderen gleiche Rechte habe. Bestehen
Streitigkeiten bloß über Art und Maß der ‚Ausübung‘‘ des Rechtes, so ist, falls
die Beteiligten sich nicht selbst zu einigen vermögen, in Preußen landesherrliche
Entscheidung vorbehalten, während in Bayern nach neuerem Recht Ver-