Minister.
Ministeranklage.
366 PAUL LABAND: Staatsrecht.
Standesherren, Großgrundbesitzer, Vertreter des landsässigen Adels, der Kirchen,
Universitäten, größeren Städte und vom Landesherrn berufene Personen.
Jede Kammer hat das Recht, die Legitimation ihrer Mitglieder zu prüfen,
ihren Präsidenten, Vizepräsidenten und die Schriftführer zu wählen und — in
der Regel — sich selbst die Geschäftsordnung zu geben. Alle Mitglieder haben
die parlamentarische Immunität; sie können für ihre Abstimmung und für die
im parlamentarischen Beruf getanen Äußerungen außerhalb der Kammer nicht
zur Verantwortung gezogen werden. Die gewählten Mitglieder erhalten Tage-
gelder; in einigen Staaten auch die anderen.
IV. Die Behörden. An der Spitze der Landesverwaltung steht in den
kleinen Staaten ein Minister, in den größeren ein Ministerium, dessen einzelne
Mitglieder Ressorts verwalten, welche nach der Größe der Staaten, ihren beson-
deren Bedürfnissen und hergebrachten Einrichtungen in sehr mannigfacher
Weise verteilt und abgegrenzt sind. In den Staaten mit eigener Kontingents-
verwaltung muß infolge reichsrechtlicher Bestimmungen ein Kriegsministerium
bestehen. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat die Beziehungen
zum Reich und zu den anderen deutschen Staaten wahrzunehmen und ist in
der Regel zugleich der Minister des landesherrlichen Hauses. Während im Reich
nur ein Minister sämtliche Ressorts beherrscht und die Staatssekretäre, welche
die Chefs der obersten Reichsbehörden sind, ihm staatsrechtlich untergeordnet
sind, besteht in den Einzelstaaten in der Regel für das Ministerium das Kollegial-
system, so daß der sog. Premierminister, wo ein solcher existiert, nur den Vorsitz
in den Beratungen führt, einen Einfluß auf die Leitung und Verteilung der Ge-
schäfte hat, im übrigen aber nur primus inter pares ist.
Der Minister ist zunächst dem Landesherrn dafür verantwortlich, daß in
dem ihm unterstellten Zweige der Verwaltung die Geschäfte nach den Gesetzen
und Verordnungen, gemäß den Interessen des Landes und in Übereinstimmung
mit den Ansichten und Wünschen des Landesherrn geführt werden. Dies ist
dadurch gesichert, daß der Minister jederzeit ohne Angabe von Gründen aus
dem Amt entlassen oder zur Disposition gestellt werden kann.
Zugleich ist der Minister aber auch dem Landtage für seine Amtsführung
verantwortlich (sog. konstitutionelle Verantwortlichkeit). Sie wird dadurch
geltend gemacht, daß der Minister dem Landtage Rede stehen muß auf Inter-
pellationen und Anfragen, welche sein Ressort betreffen, und daß der Landtag
durch Beschlüsse oder durch Beschwerden und Adressen an den Landesherrn
seine Mißbilligung aussprechen und Abhilfe verlangen kann. Außerdem hat
in vielenStaaten derLandtag dasRecht, den Minister wegen Gesetzesverletzungen
oder anderer Pflichtverletzungen anzuklagen. In der preußischen Verfassung
ist dieses Recht anerkannt; es fehlt aber bisher, ebenso wie im Reiche, an einem
Gesetz, welches die erforderliche nähere Regelung dieses Rechtsinstituts enthält;
in den Mittelstaaten ist diese Regelung durch die Verfassungen und durch be-
sondere Gesetze erfolgt. Der Gerichtshof, welcher auf Ministeranklagen zu
erkennen hat, kann keine öffentliche Strafe, sondern nur Amtsentsetzung aus-