E. Das Landesstaatsrecht. IV. Die Behörden. V. Die Beamten oder Staatsdiener. 367
sprechen. Aus diesem Grunde stehen diese ‚Staatsgerichtshöfe‘ nicht im Wider-
spruch mit dem Gerichtsverfassungsgesetz. Das landesherrliche Begnadigungs-
recht ist ausgeschlossen. Bei den heutigen Verhältnissen ist das ganze Rechts-
institut, welches in der Verfassungsgeschichte Englands ehemals eine so wichtige
Rolle gespielt hat und englischen Einrichtungen nachgebildet ist, nicht mehr
von praktischer Bedeutung.
Um die Verantwortlichkeit des Ministers nach zwei Seiten hin möglich zu Behördensystem.
machen, ist er berechtigt, die Gegenzeichnung und Ausführung landesherrlicher
Anordnungen zu verweigern, ohne daß ein landesherrlicher Befehl ihn daran
hindern kann, und jederzeit seine Entlassung aus dem Amt zu verlangen.
Den Ministern sind die anderen Behörden untergeordnet. Das Behörden-
system der einzelnen Staaten ist, schon wegen der verschiedenen Größe derselben,
sehr verschieden; Bezeichnung, Geschäftsverteilung und Organisation sind
mannigfach. Jedoch ist teils wegen der Gleichartigkeit der Aufgaben und Be-
dürfnisse, teils infolge der in den Reichsgesetzen enthaltenen Vorschriften die
Verschiedenheit in Wirklichkeit nicht so groß wie es den Anschein hat. Überall
sind drei Hauptarten von Behörden zu unterscheiden, Gerichte, Verwaltungs-
behörden und Militärbehörden. Hinsichtlich der inneren Verfassung zerfallen
die Behörden in kollegialische und nach dem Bureausystem organisierte, d.h.
solche, bei denen der Chef allein die endgültige Entscheidung hat und dem-
gemäß auch die Verantwortung trägt. Zur Prüfung der Rechnungen und zur
Sicherung einer ordentlichen, sparsamen, zweckmäßigen und dem Etatsgesetz
entsprechenden Verwaltung besteht eine Rechnungsbehörde, welche dem ge-
samten Verwaltungsorganismus, auch dem Ministerium, selbständig und unab-
hängig gegenübersteht.
V. Die Beamten oder Staatsdiener. Zur Besorgung der staatlichen Begif.
Geschäfte werden die dazu geeigneten (z. B. durch Ablegung der vorgeschrie-
benen Prüfungen qualifizierte) Personen angestellt. Nicht jeder, welcher staat-
liche Geschäfte besorgt, ist ein Beamter. Einerseits unterscheidet er sich von
Personen, welche wie Lieferanten, Bauunternehmer u. dgl. dem Staat in einem
privatrechtlichen Verhältnis gleichberechtigt gegenüberstehen; anderseits von
denjenigen, welche eine gesetzliche Untertanenpflicht, z. B. als Soldaten, Ge-
schworene, Schöffen usw. erfüllen müssen; sie mögen wollen oder nicht. Nie-
mand kann Beamter werden ohne ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, die sog. An-
stellung, welches zwischen ihm und dem Staate abgeschlossen wird. Es genügt
nicht, daß er einer Anstellungsverfügung nicht widerspricht; er muß positiv
einwilligen und geschäftsfähig sein. Die Anstellung ist sonach ein Vertrag.
Aber das durch diesen Vertrag begründete Verhältnis ist kein obligatorisches,
sondern ein Öffentlich-rechtliches, indem der Beamte in ein Gewaltverhältnis
zum Staate tritt; nur bei der Begründung des Verhältnisses, bei dem Abschluß
des Anstellungsvertrages ist er frei; ist er in den Staatsdienst eingetreten, so be-
findet er sich in einer seine Person ergreifenden Unterordnung unter eine Herr-
schaft. Man hat dies als einen ‚Zustand‘ charakterisiert; damit ist aber wegen