Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

C. Der Begriff des Rechtes. II. Das Verbinden. Ig 
sprochene Parallele nicht logisch bestimmt. Zwar ist es gewiß, daß Men- 
schen, die sozial verbunden sind, auch in ihrer natürlichen Wechselwirkung 
aufeinander betrachtet werden können, allein alsdann sind eben die Einzelnen 
zum Gegenstande der Untersuchung genommen und nicht. die „Gesellschaft“ 
als solche, deren begriffliche Eigenart in anderer Erwägung festgestellt 
sein will. 
Die Frage ist: Welches ist das feste Merkmal, durch das der Begriff des 
sozialen Lebens der Menschen als eigener Gegenstand wissenschaftlicher Be- 
trachtung begreiflich wird? — Dies ist der Moment des verbindenden Wol- 
lens, das sich äußerlich als eine von Menschen aufgestellte Regel ausweist. 
Soziales Leben ist äußerlich geregeltes Zusammenwirken von Menschen. Der 
Beweis liegt darin, daß in dem klarzustellenden Begriffe des gesellschaftlichen 
Lebens einmal verbundene Menschen vorgestellt werden, anderseits dieses 
in Unterscheidung von bloßer natürlicher Verbindung gesucht wird, Man 
kann die Frage auch so stellen: Ist es möglich, eine Sozialwissenschaft 
als eigenen Zweig des einh:itlichen Oberbegriffes ‚Wissenschaft‘ aufzustellen, 
oder gibt es von diesem letzteren begründetermaßen nur eine einzige Art, 
die Naturwissenschaft? 
Nun bedeutet Wissenschaft einen jeden Inhalt des Bewußtseins, der 
in unbedingt einheitlicher Art geordnet und bestimmt ist (ob. B.). 
Es wird also dann eine eigene soziale Wissenschaft möglich sein, wenn sich 
ergibt, daß die Betrachtung des gesellschaftlichen Daseins der Menschen 
unter einer eigenen unbedingten Einheit erscheint, die von der einheit- 
lichen Erfassung der Wahrnehmung natürlicher Erscheinungen grundlegend 
getrennt ist. Diese prinzipiell eigene Einheit ist die des Zweckes, und zwar 
die der Verbindung von Zwecken. Der Begriff der sozial verbunde- 
nen Menschen konstituiert sich mithin in dem Gedanken der gemeinsamen 
Zweckverfolgung, die unter der logischen Bedingung der äußerlich ge- 
regelten Art des Zusammenwirkens notwendig zu nehmen ist. Der Gedanke 
von der äußeren Regelung, das ist einem verbindenden Wollen, ist mithin 
die Form in dem Begriffe ‚Gesellschaft‘, Wenn man überlegt, in welcher 
einheitlichen Richtung der Gedanken das gemeinsame Leben und Wirken 
von Menschen als Gegenstand einer eigenen, dadurch möglichen Wissenschaft 
vom sozialen Dasein bestehen kann, sa ergibt sich die Antwort: sofern man 
das Zusammenwirken von Menschen als ein äußerlich geregeltes einsieht. 
Der Gedanke des menschlichen Wollens geht aber in dem Begriffe des 
sozialen Lebens — zu dem die Vorstellung des Naturzustandes nur eine lo- 
gische Vorstufe ist — keineswegs restlos auf. Neben dem Wirken — dem ver- 
bundenen oder dem vorläufig vereinzelt gedachten — steht das Wünschen. 
Hier bleibt in der Tat das Wollen des einzelnen getrennt von dem des andern. 
„Wünschen“ ist ein Wollen ohne äußere Mittel. Hier ordnen wir zwar unsere 
Gedanken wiederum so, daß ein vorgestelltes Ziel die dazu gedachten Mittel 
bestimmen soll; aber beides tritt nicht in die äußere Wahrnehmung. Die Art 
des Einreihens ist also teleologisch. Es bleibt jedoch dabei in der Tat das 
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Sozlal- 
wissenschaft. 
Wirken und 
Wünschen.
	        
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