Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

I. Justiz u.Verwaltg. B. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsrechtspflege). 395 
juristischen Dilettantismus kein Platz, da soll nicht der Sachverständige richten, 
sondern der Rechtsverständige. 
Im einzelnen zeigt die Verwaltungsgerichtsorganisation der deutschen Die 
Länder manche Verschiedenheiten. gen 
Wenden wir uns zunächst Preußen zu. Hier stand die Einführung der Ländern. 
Verwaltungsgerichtsbarkeit mit zwei anderen, gleichwichtigen Forderungen: " 
Beteiligung gewählter Volksvertreter, Laien, bei den Geschäften der allgemeinen 
Staatsverwaltung und zweitens Organisation der Selbstverwaltung in höheren 
(Kreis- und Provinzial-)Verbänden, auf dem Programm der großen Verwaltungs- 
reform, welche mit der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ihren Anfang 
nahm. So ist denn diese Kreisordnung zugleich auch das erste Grundgesetz 
der preußischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Kreisordnung übertrug dem 
durch sie geschaffenen, aus dem vorsitzenden Landrat und sechs vom Kreistage 
aus den Einwohnern des Kreises gewählten Mitgliedern bestehenden Kreis- 
ausschuß neben seiner Zuständigkeit als Vorstand der Kreiskommunal- 
verwaltung und neben zahlreichen Geschäften der reinen Staatsverwaltung eine 
Reihe von Verwaltungsstreitsachen, und damit die Verwaltungsgerichtsbarkeit 
in erster Instanz. Zweite Instanz sollten vorläufig die kurz vorher (Ges. vom 
8. März 1871) zur Entscheidung armenrechtlicher Streitigkeiten gebildeten 
Deputationen für das Heimatswesen sein, welche den Namen ‚Verwaltungs- 
gerichte‘‘ erhielten. Der Ausbau und die Weiterführung dieser Einrichtungen 
erfolgte durch das Gesetz betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte 
und das Verwaltungsstreitverfahren vom 3. Juli 1875. Es organisierte die 
Verwaltungsgerichtsbarkeit in drei Instanzen: Kreisausschüsse in den Kreisen, 
Bezirksverwaltungsgerichte in den Regierungsbezirken, ein Oberverwaltungs- 
gericht für den ganzen Staat, und regelte das Verfahren dieser Behörden, während 
die sachliche Zuständigkeit derselben in erster Instanz durch ein besonderes 
Gesetz (ergangen 1876, sog. älteres Zuständigkeitsgesetz) geordnet wurde. 
Gekennzeichnet ist diese Verwaltungsgerichtsverfassung von 1875 durch die 
organische Trennung von reiner Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit 
nicht nur in der obersten, sondern auch schon in der Mittelinstanz, welche neben- 
einander die Kollegien des Bezirksrats (nur für reine Verwaltungssachen) und 
des Bezirksverwaltungsgerichts (nur für Verwaltungsstreitsachen) zeigt. Diese 
Konstruktion erwies sich aber bei der praktischen Durchführung als unnötig 
kompliziert; die endgültige Ordnung der Behördenorganisation — Gesetz über 
die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (,,LVG.‘*) — hat sie deshalb 
beseitigt, Bezirksrat und Bezirksverwaltungsgericht zu dem einheitlichen ‚,Be- 
zirksausschuß‘‘ verschmolzen und auf diese Weise den die Kreisinstanz (Kreis- 
ausschuß) beherrschenden Gedanken organisatorischer Vereinigung bei bloß 
prozessualer Trennung von reiner Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit 
auch in der Bezirksinstanz durchgeführt. Nachdem dann, unter Aufhebung des 
älteren Zuständigkeitsgesetzes eine Neuregelung der sachlichen Zuständigkeit 
der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden durch das Zuständigkeits- 
gesetz vom I. August 1883 (,ZG.‘) stattgefunden hatte, wurden in den Jahren
	        
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